Italien
Donnerstag, 13. Juni 24, Tag 1: Hall in Tirol
Am späten Vormittag sind wir reisefertig. Spontan treffen wir uns noch mit einer Bergfreundin auf einen Kaffee, die heute zum Kilimanjaro aufbricht. Sie hatte mich eingeladen, an diesem Abenteuer teilzunehmen, aber ich möchte auf Grund zweimaliger Höhenkrankheit im Himalaya und in den Rocky Mountains nicht mehr so hoch hinaus. In Salzburg machen wir noch ein paar Besorgungen und kassieren einen Strafzettel für das Halten auf einem vier Meter (!) breiten Gehsteig. Während eines Gewitterregens müssen wir feststellen, dass Wasser von der Deckenbeleuchtung in der Fahrerkabine tropft. Es scheint an der Radioantenne hereinzukommen. Das sollten wir dringend abdichten, Silikon haben wir mit. In Hall in Tirol machen wir einen Spaziergang durch die Altstadt, besuchen die Stadtpfarrkirche mit dem abgeknickten Grundriss und sehen uns den Münzturm an. Über den Brenner geht es nach Sterzing, wo wir auf einem ruhigen Stellplatz übernachten. Leider gibt es hier keine Aufstiegshilfe, die es mir ermöglichen würde, zur Radioantenne zu gelangen. Km 367 km.
Freitag, 14. Juni 24, Tag 2: Sterzing, Meran
Wir sehen uns die Altstadt mit dem imposanten Zwölferturm und der düsteren und mit Fresken ausgekleideten Heiliggeistkirche an. Über den Jaufenpass geht es ins Passeiertal. Leider ist die Passhöhe in dichten Wolken und es gibt keine Aussicht, selbst die Kapelle neben der Straße ist kaum zu erkennen. In Meran flanieren wir über die Kurpromenade und spazieren durch die Altstadt. Etwas außerhalb der Stadt gibt es eine Wohnmobilwerkstatt, die wir aufsuchen, weil bei unserem dreiflammigen Gasherd nur eine Kochstelle funktioniert, doch sie haben die Zündsicherung nicht vorrätig und fünf Tage warten wollen wir nicht. Ein Stück nach Lana finden wir in einem Dorf eine Holzkonstruktion, mit deren Hilfe ich elegant auf die Motorhaube klettern kann. Das Abdichten der Antenne funktioniert aber nicht, weil das Silikon in einer noch original verschlossenen Kartusche hart geworden ist. Kein Wunder bei einem Ablaufdatum Juni 2016. Die Kartusche hat uns anscheinend um die Welt begleitet! Also zurück nach Lana, wo wir im Baumarkt neues Silikon kaufen, dann wieder zu der Holzkonstruktion und jetzt funktioniert alles bestens, es sollte jetzt trocken bleiben im Zerberus. Wir übernachten auf einem Parkplatz in St. Nikolaus. Im Verlauf des Abends stelle ich fest, dass die Straße am Weißbrunnsee endet; wir haben die Abzweigung zum Hofmahdjoch übersehen! Km 132/499
Samstag, 15. Juni 24, Tag 3: Iseosee
Es ist kalt, regnerisch und die Wolken hängen tief. An eine Tour auf den Nagelstein (Monte Chiodo, 2.469 m) ist nicht zu denken. Durch den Hofmahdjoch-Tunnel, über den Fresnapass und durch's Sulztal geht es auf den Passo del Tonale. Der Wintersportort auf der Passhöhe mit Hochhäusern ist gespenstisch verlassen. Dennoch sind etliche Seilbahnen in Betrieb und das, obwohl definitiv kein Bergwetter herrscht. Die Gondeln verschwinden nach kurzer Strecke in den Wolken. Wir sehen uns das Denkmal an die Gefallenen des Ersten Weltkrieges an und zuckeln dann hinunter bis zum Lago d'Iseo. Wir fahren die spektakuläre, in den Fels gehauene Straße am nördlichen Westufer, wechseln dann aber hinüber zum Lago di Endine, an dessen Ostseite wir einen Nachtplatz suchen. Die Ortsdurchfahrt von San Felice ist so schmal, dass wir sogar mit eingeklappten Spiegeln an einer Hausmauer anstreifen. Am Südende des Sees finden wir einen guten Nachtplatz. Wir vertreten uns noch am Seeufer die Beine. Im Park des privaten Castello Terzi gibt sich bei kühlen 18 Grad und Nieselregen ein Brautpaar das Jawort. Vom nahen Ort Monasterolo del Castello hört man Livemusik, aber das Wetter lädt nicht zum Besuch eines Open-Air-Konzertes ein. Kurz vor Mitternacht geht ein Hagelgewitter über uns nieder und erneut, aber heftiger denn je, dringt Wasser in die Fahrerkabine ein. Wahrscheinlich haben Hagelkörner die Silikonabdichtung der Antenne beschädigt. Wir müssen aufwischen und stellen einen Kübel unter. Km 197/696.
Sonntag, 16. Juni 24, Tag 4: Bergamo
Wie viele andere italienische Städte hat Bergamo eine Umweltzone eingerichtet, die allerdings am Sonntag nicht in Kraft ist, sodass wir uns keine Gedanken über Fahrverbote und Registrierung machen müssen. Mit der Standseilbahn geht es hinauf in die Oberstadt, eine mittelalterliche Altstadt, deren Herz die Piazza vecchia mit einem von vier Löwen und vier Schlangen umgebenen Brunnen ist. Vom Stadtturm hat man einen schönen Blick auf die Stadt. Durch die offene Arkadenhalle des Palazzo della Ragione gelangt man auf den Domplatz mit dem Dom San Vincenzo, der Capella Colleoni und dazwischen dem Duomo Santa Maria Maggiore, der mit riesigen Wandteppichen ausgekleidet ist. Wir flanieren noch durch die Hauptgasse zur Zitadelle und dann wieder zurück zur Funiculare. Obwohl wir schon ziemlich ermüdet sind, latschen wir noch durch die Piazza Matteotti, der autofreien Einkaufsstraße der Unterstadt. Wir übernachten etwa 20 Kilometer westlich der Stadt in Monte Marenzo, wo ein leider nicht ebener, aber sonst recht netter Stellplatz mit allen Ver- und Entsorgungsmöglichkeiten auf uns wartet. Hier kann ich über einen Zaun auf die Moterhaube klettern, die Antenne abmontieren und mit der, eigentlich für's Differentialgetriebe gedachten, knallroten Dichtmasse neu abdichten. Km 64/760.
Montag, 17. Juni 24, Tag 5: Monte Marenzo - Vercelli
Wir schlafen lange und trödeln herum. Erst am Nachmittag fahren wir weiter. Am Stadtrand von Bologna wollen wir shoppen gehen, doch das erste Einkaufszentrum, das wir ansteuern, ist nur ein Baumarkt und die zweite Mall hat außerhalb der Tiefgarage keinen einzigen Parkplatz. Weil uns shoppen jetzt nicht mehr freut, fahren wir weiter durch die westliche Po-Ebene. Hier gibt es viele riesige unter Wasser stehende Felder. Wir wussten gar nicht, dass in Italien Reis angebaut wird. Wir übernachten auf einem Stellplatz in Vercelli. Km 145/905.
Dienstag, 18. Juni 24, Tag 6: Vercelli - Breuil Cervinia
Die Stadt macht einen etwas heruntergekommenen Eindruck, aber sie beherbergt die bemerkenswerte Basilika Santa Andrea, die als ältestes gotisches Gebäude Italiens gilt. Die große Kirche wartet mit einem Säulenhof und gleich vier Türmen auf. In dem sehr authentischen Restaurant, in dem wir zu Mittag essen, gibt es keine Speisekarte, die Kellnerin zählt alle möglichen Nudeln auf, die wir haben könnten, dann eine lange Liste von Saucen dazu. Als wir die riesigen Portionen weggeputzt haben, zählt sie allerlei Hauptgerichte auf, denn die Spaghetti waren nur die Vorspeise. Weil das Essen auf den Tellern anderer Gäste echt köstlich aussieht, bestellen wir noch zwei Hauptgerichte. Die Nachspeise lehnen wir ab, aber Kaffee nehmen wir noch. Beim Zahlen dann die Überraschung: In Österreich hätten wir das doppelte bezahlt! Durch das französischsprachige Aostatal geht es nach Châtillon, wo die Straße nach Le Breuil Cervinia am Fuß des Matterhorns abbiegt. Wir campieren recht nett auf knapp 2.000 Meter am Fluss vor dem Ort. Km 143/1.048.
Mittwoch, 19. Juni 24, Tag 7: Testa Grigia, 3.480 m
Bei bestem Bergwetter fahren wir von Breuil Cervinia mit drei Seilbahnen auf die Testa Grigia, über deren Gipfel die Grenze zur Schweiz verläuft. Von hier kann man mit einer weiteren Seilbahn auf das Kleine Matterhorn fahren, sofern man gewillt ist, für die kurze Fahrt weitere 54 Euro p.P. zu berappen, und den Reisepass mithat. Und natürlich, sofern die Bahn überhaupt fährt. Das tut sie zur Zeit wegen zu starkem Wind nicht. Wir genießen aber auch von hier den fantastischen Ausblick auf das (große) Matterhorn, das allen anderen Bergen, die auch da sind, die Show stiehlt. Auf der Runterfahrt sehen wir an einem kleinen See Steinböcke saufen. An der folgenden Mittelstation essen wir zu Mittag und ich mache eine Wanderung zu dem See, um die Steinböcke aus der Nähe zu sehen. Die sind mittlerweile natürlich weg, aber nach gründlichem Absuchen des Blickfeldes sehe ich sie in etwa 500 Metern Entfernung. Ich folge ihnen, habe sie bald unter mir, steige ein Stück ab, bis mir ein Bach den Weg versperrt. Doch die Steinböcke kommen grasend näher und posieren für Fotos. Wir übernachten nochmals auf dem selben Platz wie gestern. Km 11/1.060.
Donnerstag, 20. Juni 24, Tag 8: Aosta
Heute ist es wieder wolkenverhangen; vom Matterhorn keine Spur. Wir haben wieder Regenwasser in der Fahrerkabine, es ist aber definitiv nicht von der Antenne. Dort ist alles trocken. Da muss wohl die kürzlich neu eingebaute Windschutzscheibe schlecht verklebt sein. Da muss ich zu Hause mit dem Endoskop das Leck suchen. Wir fahren nach Aosta, um uns die römische Altstadt anzusehen, doch entgegen der Vorhersage beginnt es bald zu regnen, außerdem ist das Stadttor aus römischer Zeit renovierungsbedingt eingehüllt. Wir studieren neuerlich die Wetterlage und stellen fest: Wo wir sind, regnet es und wo es nicht regnet, regnet es, wenn wir hinkommen. Da unsere maximale Reisedauer mit zwei Wochen vorgesehen war, heißt das also: Ab nach Hause! Als wir uns zwischen Verona und Trient einen Nachtplatz suchen, gibt es ein unangenehmes Geräusch, das offenbar mit der Federung im Zusammenhang steht. Die Ursache ist rasch gefunden, denn das hatten wir schon mal: Der Bolzen, mit dem ein hinterer Stoßdämpfer an der Karosserie befestigt ist, hat sich gelöst und ist verloren gegangen. Jetzt erstmals in einem netten Lokal in Rivalta mit Stellplatz für Wohnmobile gut zu Abend gegessen, um den Stoßdämpfer kümmere ich mich morgen. Km 401/1.461.
Freitag, 21. Juni 24, Tag 9: Brenner
Damit der Stoßdämpfer nicht wieder an die Karosserie schlägt, zurre ich ihn mit einem Kabelbinder fest. Damit ist das Problem zwar nicht gelöst, aber die Fahrt zur nächsten Mercedes-Werkstatt in Rovereto möglich. Hier stellt sich heraus, dass der Bolzen nicht verlorengegangen ist und einfach durch einen neuen ersetzt werden kann, sondern abgebrochen ist und das verbliebene Stück fest im Gewinde sitzt. Um einen mehrstündigen Aufenthalt hier zu vermeiden, entscheiden wir uns, mit der Notlösung Kabelbinder nach Hause zu fahren. Wir erhöhen den Druck in der Luftfederung, um den Federweg zu verkürzen und fahren gemütlich und ohne weitere Probleme mit nur drei Stoßdämpfern nach Hause. Am Brenner essen wir noch hervorragende Pizza, lassen uns einpacken, was wir nicht verputzen können, und vergessen dann den Karton am Tisch. Den Abend verbringen wir dann bei den Kindern und feiern Sonnenwende.