Indien MEZ + 4,5 Stunden,
1 EUR = 94 Indische Rupien, Linksverkehr
Teil 1: Varanasi
8. Februar 25, Tag -10
Reiseführer ist gelesen, Flüge sind gebucht, Visum ist erhalten, alle Impfungen sind drin. Nun nur noch ordentlich gesund werden (die Genesung nach einem Infekt zieht sich in die Länge), dann kann’s losgehen.
17. Februar 25, Tag -1
Bei dem schönen Wetter fahr ich noch mit dem Rad auf den Hochbuchberg, bevor es morgen losgeht. Trotz Sonnenschein ist‘s schweinisch kalt! Am Rückweg verlier ich dann noch mein Geldtaschl (ich glaub nicht, dass mir das jemals zuvor passiert ist), aber ein ehrlicher Finder meldet sich, noch bevor ich den Verlust bemerke. Glück gehabt, denn ohne Plastikgeld auf Reisen wär echt blöd!
Dienstag, 18. Februar 25, Tag 1: Wien
Mit den Öffis geht es entspannt zum Flughafen Wien, von wo wir mit Air India nach Delhi fliegen. Der schon in die Jahre gekommene Dreamliner ist abgenutzt, die Sitze sind unbequem und vieles funktioniert nicht: Bildschirme, Tasten, Rückenlehne. Alles klappert und quietscht. Hoffentlich sind die Triebwerke und Bremsen besser gewartet! Es gibt genau einen Film auf Deutsch, das Essen ist mies.
Mittwoch, 19. Februar 25, Tag 2: Delhi - Varanasi
Die Nacht ist kurz wegen der viereinhalb Stunden Zeitverschiebung. Wir schlafen keine zwei Stunden. Am Flughafen Delhi müssen wir unser Gepäck in Empfang nehmen und nach Varanasi neu einchecken. Wegen eines Missgeschicks können wir weder Geld wechseln, noch eine SIM-Karte kaufen. In Varanasi sage ich dem Taxifahrer, dass ich keine Rupien habe und er an einem Bankomaten oder einer Wechselstube Halt machen muss. Da auch der dritte Geldautomat keine ausländischen Karten akzeptiert (aber sie gottseidank wieder zurückgibt!), fährt er uns zum Hotel und ein Angestellter von dort geht mit mir Geld wechseln. Zweimal um die Ecke und ich lande in einem dunklen Flur, wo ich nach kurzer Verhandlung mit einem Bankier Rupien zu einem guten Kurs bekomme. Für zehn amerikanische Hunderter erhalte ich 172 indische Fünfhunderter, ein dicker Packen Geld. Der 500-Rupien-Schein im Wert von gut 5 Euro ist übrigens der größte Schein. Der kleinste ist der Zehner und entspricht zehn Cent. Und auf jeder indischen Banknote ist Er abgebildet: Mahatma Gandhi. Weil viele Hotels im Stadtzentrum keine Ausländer beherbergen und/oder viele Hotelzimmer dort keine Fenster haben, haben wir im Meriden Grand, relativ weit außerhalb des Zentrums, reserviert. Das Hotel selbst ist nett, aber das Zimmer klein und abgewohnt. Wir spazieren Richtung Stadtzentrum, kommen aber nicht weit, weil tausende Inder auf der Straße sind. Wie wir erfahren, sind wir mitten in einem mehrtägigen Freundschaftsfest nach Varanasi gekommen. Sogar Präsident Modi kommt zu Besuch. Das Gedränge ist stellenweise unglaublich, wo noch Platz ist, flitzen laut hupend hunderte Tuk-Tuks, Motorräder und Autos durch die Straßen. In einem Straßenrestaurant nehmen wir eine scharfe Mahlzeit zu uns. Und schließlich lassen wir uns von einem Tuk-Tuk ins Hotel zurückbringen. Der Fahrer kommt vermutlich direkt aus der Irrenanstalt, er schneidet jeden anderen Verkehrsteilnehmer und hält oft nicht einen Zentimeter Abstand zu anderen Fahrzeugen. Abends sitzen wir an der Hotelbar bei Gin-Tonic und 8-prozentigem Bier.
Donnerstag, 20. Februar 25, Tag 3: Sarnath, Varanasi
Mit dem Tuk-tuk geht es nach Sarnath, wo an den Resten einer antiken Stätte mehrere buddhistische Tempel errichtet wurden. Der Ort ist sehr stimmungsvoll, besonders am Thai-Tempel neben einer riesigen Buddha-Statue und am Dhamek-Stupa, vor dem, auf dem Rasen sitzend, Menschen meditieren. Ein Stück weiter steht der Bodhi-Baum, angeblich ein Ableger eines Ablegers vom Baum, unter dem Buddha seine Erleuchtung fand. Der Baum sieht aus wie ein Baum. In einem winzigen Straßenrestaurant essen wir Chicken Curry und Chicken Masala, eigentlich ganz gleich, nur die eine Soße ist sehr scharf, während die andere nur scharf ist. Dazu gibt es Reis, Chapati, rohe Zwiebel und Zitrone. Nach dem Essen bringt der Kellner Kandiszucker und Fenchel, das, zusammen gekaut, an Ouzo erinnert.
Am Nachmittag wollen wir zu den Ghats und auf dem Weg dorthin den goldenen Vishvanath-Tempel ansehen. Der Tuk-Tuk-Fahrer lässt uns schon weit vor dem Tempel aussteigen, weil die Altstadt für motorisierten Verkehr gesperrt ist, weil soviele Leute unterwegs sind. Wir ergattern eine Fahrradrikscha, die uns ein stück näher bringt, aber dann ist das Menschengewühl zu groß und es geht nur mehr zu Fuß weiter. Aber auch das nicht wirklich, denn es sind nicht tausende Menschen unterwegs, auch nicht zehntausende, sondern, ich schwöre: hunderttausende, denn es ist Khumb Mela, das größte Hindu-Fest, das nur alle 12 Jahre stattfindet und zu dem Millionen Gläubige zu den heiligen Flüssen pilgern. Und zum Vishvanath-Tempel, wie es scheint. Um dorthin zu gelangen, müssten wir uns in eine Menschenschlange einreihen, von der wir nicht wissen, wie lange sie ist, die sich aber nicht sichtbar weiterbewegt. Wir lassen also den Tempel aus und lassen uns zu den Ghats treiben, das sind die Stufen, die auf vielleicht zwei Kilometern Länge von der Altstadt hinunter zum Ganges führen. Sadhus, mit weißer Asche von verbrannten Verstorbenen bedeckte, nackte Männer klopfen den Passanten mit einem Pracker auf den Kopf oder pinseln ihnen farbige Male an die Stirn. Hier reiht sich Tempel an Tempel, Hindus nehmen ein rituelles Bad im Heiligen Fluss und ein Stück weiter werden die Toten, nachdem sie mit Tagetes geschmückt und im Ganges gewaschen wurden, unter Stapeln von Holz verbrannt. Und auch hier: ein Menschengeschiebe, wie ich es noch nie erlebt habe. Und das will was heißen! Mehr als einmal kommen mir Gedanken an Massenpanik und Niedergetrampelte in den Sinn. Der Höhepunkt des Tages ist eine Bootsfahrt auf dem Fluss. Von hier hat man einen tollen Blick auf die Tempel und das Geschehen am Ufer. Als es dunkel wird, treten wir den Rückweg an, wieder durch unendliche, verwinkelte, schmale Gassen, oft nicht eineinhalb Meter breit, in denen sich Motorräder dauerhupend und rücksichtslos einen Weg durch die Menschen bahnen. Für all das gibt es nur ein Wort: Unglaublich. Vor uns steigt eine weiße Rauchwolke auf. Feuer? Sprengstoffattentat? Es kommt keine Massenpanik auf, wir gehen weiter, raus aus dem Getümmel. Endlich eine Rikscha, dann Umsteigen in ein Tuk-Tuk. Der Verkehr und das echt pausenlose Gehupe sind enorm. Dann im Royal Barbecue neben unserem Hotel wieder Huhn mit Reis, denn Gegrilltes gibt es hier nicht. Irrtum! In der Hotelbar noch ein Starkbier und dann ins Bett, morgen wollen wir früh aufstehen.
Freitag, 21. Februar 25, Tag 4: Varanasi-Delhi
3 Uhr morgens. Ich erwache von einem besorgniserregenden, würgenden Geräusch. Es kommt aus der Toilette. Sabine erbricht sich. Und das schon zum wiederholten Mal, wie sie berichtet. Wir stellen den Wecker ab, aus dem geplanten nochmaligen Ausflug zu den Ghats im Morgengrauen wird nichts. 7 Uhr. Nun habe auch ich Durchfall. Wir verfluchen das Essen von gestern Abend. Bis halb zehn lassen wir den Dingen ihren Lauf, füllen nur oben schluckweise Flüssigkeit ein, dann volle Pharmakologie, packen, zwischendurch Flohbisse an Sabines Füßen diagnostizieren, auschecken und rein ins Taxi. Sabine ist schwindlig beim Check-in und schaut echt mitleiderregend aus. Mir geht’s etwas besser, aber auch ich freu mich aufs Bett im nächsten Hotel. Der Flug hat 70 Minuten Verspätung und sie teilen schon Snacks aus. Da ist natürlich nichts dabei, was unsere Bäuche akzeptieren würden. Ich habe Fieber.