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Übersicht 13. Etappe

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Um Anchorage

Freitag, 13. September 19, Tag 12/538, Homer (5.700 Ew.)

Am Nachmittag erreichen wir Homer. Die Ausfahrt aus der Fähre dauert enorm lange, weil es am Fähranleger schwachsinnigerweise keine Rampe gibt, die die eineinhalb Meter Höhendifferenz zwischen Fähre und Straße ausgleicht. So müssen je zwei Autos mit einer Art drehbarer Hebebühne hochgehoben werden. Die Anlegestelle befindet sich am "Spit", einem sieben Kilometer (!) langen, schmalen Landstreifen, der in die Kachemak Bay ragt. Auf dem Spit liegen Bootsanlegestellen, aber auch Campingplätze, Wohnmobilstellplätze, Pubs, Restaurants und Souvenirläden. Alles sieht sehr touristisch aus, aber die kurze Saison ist vorüber. Tote Hose. Wir halten am Seafarer's Memorial, einem einfachen, aber berührenden Denkmal für die erstaunlich vielen, nicht zurückgekehrten Seefahrer. Nach einem kurzen Besuch im Alaska Island and Ocean Visitor Center fahren wir zu einem Aussichtspunkt hoch über dem Ort, von dem man einen schönen Blick auf den Spit und die jenseits der Bucht liegenden, gletscherbedeckten Berge hat. Beim Wegfahren passiert dann das Unvorstellbare: Der Turbo fällt aus. Nach dem Austausch des kompletten Motors gerade eben hätten wir nicht gedacht, dass so etwas möglich ist. Aber das sind die Dinge, die uns nicht mehr aufregen. Nach einem Blick unter die Motorhaube vermute ich, dass der Ladeluftkühler undicht ist, denn an einer Stelle ist der Luftschlauch ölig. Die nächste Mercedes-Werkstätte ist in Anchorage. Liegt eh auf dem Weg. In einer Reifenwerkstätte spendieren wir dem Rad mit undichter Felge einen Schlauch. Als wir gerade auf einer Wiese neben der Straße unser Nachtlager aufschlagen wollen, hält ein Pickup. Der Fahrer bietet uns an, ruhiger als hier bei ihm im Garten zu übernachten. Das nehmen wir gerne an. Es ist nicht weit bis zu seinem Haus, von dem aus er eine Traumaussicht auf das Meer hat. Km 53/1.684/114.289.

 

Samstag, 14. September 19, Tag 13/539, Kenai (8.000 Ew.)

Als wir beim Frühstück sitzen, kommt unser Gastgeber mit zwei riesigen Fischfilets vom selbst gefangenen Lachs und Heilbutt. Da kommt Freude auf. Und noch mehr, als plötzlich zwei Elche durch seinen Garten spazieren (die Grundstücke hier haben ja meist keine Gartenzäune). Wir fahren die Westseite der Kenai-Halbinsel entlang. Immer wieder hat man einen tollen Blick auf die schneebedeckten Berge der Aleutian Range, das Gebirge, das sich als Inselkette weit in den Pazifik hinaus fortsetzt. In Kenai sehen wir uns die alte russisch-orthodoxe Kirche und die Kapelle daneben an. Sie erinnern daran, dass Alaska bis vor 150 Jahren russisch war. Durch herbstliche Wälder geht es weiter Richtung Anchorage. Die Geschwindigkeitsbeschränkungen werden in den USA in Meilen pro Stunde angegeben. Bald habe ich zu den häufigsten Geschwindigkeitsbegrenzungen die entsprechende km/h-Zahl im Kopf. Wir machen einen Abstecher zum Exit-Gletscher, von dem unser Reiseführer verspricht, dass man ihn vom Parkplatz aus auf einem kurzen, asphaltierten Weg erreichen kann. Stimmt eigentlich alles, nur der Gletscher ist nicht mehr da. Der hat sich in den letzten 15 Jahren vom Ende des Weges um gut 200 Meter zurückgezogen und man kann ihn nicht mehr hautnah erleben. Unser Reiseführer ist übrigens in einer aktualisierten Auflage 2017 erschienen. Wir besuchen noch kurz das nahe Seward, das mit einem sehr ansprechenden Bootshafen aufwartet. Zum Abendessen gibt es das Lachsfilet. Herrlich! Km 346/2.030/114.635.

Sonntag, 15. September 19, Tag 14/540, Anchorage (300.000 Ew.)

Es ist bedeckt, die Wolken hängen tief, es nieselt den ganzen Tag. Und die Wettervorhersage für die nächsten zehn Tage zeigt keine Änderung. Sieht echt nach Regenzeit aus! Unser Abstecher zum Portage-Gletscher muss ausfallen, es gibt außer Wolken nichts zu sehen. Wir fahren entlang des Cook Inlets nach Anchorage. Als erstes besuchen wir den Zoo, wo es die Fauna der Polarregion zu sehen gibt. Leider müssen wir dem Zoo ein sehr schlechtes Zeugnis ausstellen: Vielfach sind die Tiere nicht artgerecht untergebracht und die Gehege sind relativ klein. Manchen Tieren hat man lieblos Spielzeug ins Gehege gestellt, die Schneeleoparden kriegen Spaghetti zu fressen. Viele Tiere befinden sich in Einzelhaft, manche machen einen psychisch gestörten Eindruck, laufen immer den Zaun entlang hin und her, der Eisbär läuft immer die gleiche kleine Runde. Der Moschusochsenbulle ist so aggressiv, dass er, als ich die Kamera hochhebe, um nicht den Zaun im Bild zu haben, mit gesenktem Kopf einen Angriff auf mich startet. Er kommt erst 50 Zentimeter vor der Stelle, an der ich gestanden bin, zum Stillstand, indem er mit voller Wucht mit seinem Kopf gegen den Stahlzaun knallt. Ich habe natürlich ganz automatisch ein paar Schritte nach hinten gemacht. Die meisten Vögel haben keinen oder kaum Platz zum Fliegen. Die zwei Weißkopfadler müssen wohl ihr Leid sehr laut geklagt haben, denn sie haben Besuch: Zwei wilde Artgenossen sitzen auf der Voliere und auf einem Baum darüber. Km 246/2.276/114.881.

Montag, 16. September 19, Tag 15/541, Anchorage

Heute lässt das Wetter noch einmal Gnade walten, am Nachmittag kommt sogar die Sonne hervor. Aber ab morgen soll es Regen ohne Ende geben. Leider verbringen wir fast den ganzen Tag in der Werkstatt. Weil wir natürlich keinen Termin haben, müssen wir warten, bis sich zwischendurch mal jemand den Zerberus ansehen kann. Aber das wird uns für heute definitiv nicht versprochen. Also warten. Erst am Nachmittag hat jemand Zeit und dann dauert es noch eineinhalb Stunden, bis wir wissen, warum der Turbo nicht funktioniert. Der Luftmassensensor hat einen Fehlercode geliefert. Den haben sie gelöscht und jetzt passt wieder alles. Der Ladeluftkühler ist jedenfalls in Ordnung. Irgendwie kommt uns das bekannt vor. Hatten wir das nicht schon einmal? Sollte man nicht den Luftmassensensor erneuern? Der Mechaniker meint, dass das helfen könnte, oder auch nicht. Es ist ohnehin keiner lagernd. Der Nachmittag ist schon sehr fortgeschritten, als wir Anchorage verlassen. In Eklutna sehen wir uns noch die alte, hölzerne russisch-orthodoxe Kirche und den Friedhof an, über dessen Gräbern bunte Geisterhäuschen aufgestellt sind. Km 103/2.380/114.984.

Dienstag, 17. September 19, Tag 16/542, Glenn Highway

In der Früh statten wir dem Iditarod Trail Sled Dog Museum einen Besuch ab, das dem jährlich stattfindenden, über fast 2.000 Kilometer (!) führenden Schlittenhunderennen gewidmet ist. Die Wälder sind schon sehr herbstlich, die Farbe Gelb dominiert. Auf dem Hatcher-Pass fasziniert uns die karge Vegetation. Hier befindet sich die Independent Mine, eine aufgelassene Goldmine. In Palmer sehen wir uns den Schau-Gemüsegarten an. Auf Grund der langen Sommertage wird hier in der Gegend Gemüse in Weltrekordgröße geerntet, etwa der größte Krautkopf mit 62 kg, der größte Kohlrabi (44 kg) oder eine Karotte mit 8,6 kg. Wir fahren nun auf dem Glenn Highway durch das Matanuska-Tal ostwärts. Beim Matanuska-Gletscher machen wir halt. Hier kann man über die Endmoräne bis zu den senkrechten Wänden der Gletscherzunge gehen. Was von weitem aussieht wie Erde, ist in Wirklichkeit mit Sand und Gestein verunreinigtes Eis. Darauf kann man gut gehen, weil es durch die Verunreinigung nicht rutschig ist. Dort aber, wo das saubere, weiße Eis beginnt, drehen wir mangels geeignetem Schuhwerk um, auch wenn andere mit Sportschuhen weitergehen. Vorbei am Lion's Head, einem markanten, fotogenen Felsen, geht es über den Eureka-Pass, hinter dem wir sehr idyllisch auf einem aufgelassenen Campingplatz im Wald an einem Fluss übernachten. Km 240/2.619/115.224.

Mittwoch, 18. September 19, Tag 17/543, Valdez (4.000 Ew.)

In Glenallen schwenken wir nach Süden und sind zu Mittag am Gletscher des Tages. Auch der Worthington Glacier, der vor ein paar Jahren noch bequem in einem Spaziergang vom Parkplatz zu erreichen war, hat sich so weit zurückgezogen, dass man nicht mehr bis zum Eis vordringen kann. Ich finde einen Weg, der auf der Randmoräne hinaufführt. Bald geht es im Regen auf einem schmalen Grat bergan. Nach etwa einer halben Stunde ist Schluss, da hier der Hang abgerutscht ist. Man kommt nicht weiter an den Gletscher heran. Schade. Aber der Ausblick ist grandios. Auch in Valdez regnet es. Von der tollen Lage des Hafens inmitten von Bergen ist wegen des grauslichen Wetters kaum etwas zu erahnen. Valdez wurde von drei Katastrophen heimgesucht: In der Zeit des Goldrausches sind tausende Menschen mit gefälschten Landkarten hergelockt worden, die einen Weg nach Glenallen und von hier zum Klondike eingezeichnet hatten. Doch diesen Weg gab es nicht. Die Abenteurer mussten mitsamt ihrer Ausrüstung Pässe und Gletscher überqueren, wobei viele den Tod fanden. 1964 wurde der Ort von einem Erdbeben und nachfolgendem Zunami völlig zerstört. Und die Ölkatastrophe der Exxon Valdez 1989 ist vielen erinnerlich. Diesen drei Themen ist das Valdez Museum hauptsächlich gewidmet. Wir übernachten an einem Fluss abseits des Edgerton Highways. Km 452/3.071/115.676.

Donnerstag, 19. September 19, Tag 18/544, McCarthy (28 Ew.)

Bei Morgentemperaturen von 5 bis 10 Grad ist es schon angenehm, eine Heizung sein Eigen nennen zu können. Noch schöner wäre es natürlich, wenn diese Heizung auch funktionieren würde. Unsere hat auf dieser Etappe an zwei Tagen morgens gewärmt, an den anderen nicht. Anfangs war das Problem, dass der Kühlschrank auf der Fähre die Bordbatterien entleert hat und kein Strom für das Gebläse da war. Für Solarstrom war das Wetter dann auch nicht so ideal. Nach ein paar Tagen waren die Batterien wieder voll aufgeladen und die Heizung hat wieder funktioniert. Heute haben wir genug Saft in der Batterie und die Heizung bleibt trotzdem kalt. Wie kommt das? Das Display zeigt einen Fehlercode, der auf einen Kurzschluss im Temperaturfühler hinweist. Eine Kurzrecherche im Internet ergibt, dass man das Bedienteil austauschen muss. Sehr fraglich, ob so ein Teil hier zu kriegen ist. Und die echt kalte Gegend kommt erst noch! Da heißt es vermutlich: Mit reichlich Kleidung schlafen. Von Chitina aus möchten wir heute einen Ausflug zu der Geisterstadt Kennicott und der Fastgeisterstadt McCarthy (80 Einwohner im Sommer, 8 im Winter) machen. Von den etwa hundert Kilometern sind zirka 20 asphaltiert, 20 haben übles Wellblech. Die Gegend ist recht verlassen, etliche der wenigen Häuser haben eine Landebahn vor der Tür. Die Straße verläuft auf der ehemaligen Trasse der Bahn, die Kupfererz zur Verschiffung ans Meer brachte. Einmal queren wir auf einer über 100 Jahre alten Eisenbahnbrücke ein breites Flusstal. An einem anderen Fluss ist die vielleicht zweihundert Meter lange hölzerne Bahnbrücke schon längst nicht mehr passierbar, hier führt der Weg steil zum Fluss hinab und auf einer nicht einmal zehn Meter langen, neuen Brücke über den Fluss. Wie der Reiseführer beschreibt, endet die Straße unmittelbar vor McCarthy an einer Fußgängerbrücke. Von hier aus sind es zu Fuß acht Kilometer bis Kennicott. Einfache Strecke. Bei meiner Reisevorbereitung habe ich auf Google Earth allerdings Fahrzeuge jenseits der Brücke gesehen und nach einigem Suchen eine weitere Brücke gefunden. Die ist allerdings, wie sich nun herausstellt, privat und versperrt. Der Besitzer bietet in der Saison für Touristen einen Shuttledienst an. Die Saison ist allerdings vorüber. Nach einigem Herumfragen erfahren wir, dass Einheimische 350 USD im Jahr für die Brückenbenützung bezahlen müssen. Eine Tageskarte kostet, sofern man den Besitzer überhaupt erreicht, 150 USD. Das ist uns dann doch ein wenig zu teuer. Wir sehen uns also nur McCarthy an, wo ein deprimierendes Nebeneinander von verfallenen, verfallenden und noch einigen bewohnten Häusern besteht. Der Bergbaustadt Kennicott werfen wir nur einen Blick durch's Fernglas zu. Am Abend sind wir wieder zurück in Glenallen und campieren in einem kleinen Wald. Die Dämmerung ist schon stark fortgeschritten, da taucht ein Fuchs auf, sieht den Zerberus lange an, umkreist ihn ein paar Mal neugierig, um dann wieder im Wald zu verschwinden. Leider ist es schon zu dunkel zum Fotografieren. Ohne viel Hoffnung, etwas reparieren zu können, baue ich das Bedienteil unserer Heizung aus, vernichte dabei versehentlich einen Kippschalter, baue das Teil wieder ein. Und nun funktioniert unsere Heizung wieder. Wozu also Technik studieren? Es lebe der Dilettantismus! Km 322/3.393/115.998.

 

 

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