Österreich, Deutschland
3. April 19
Auf unseren bisherigen Reisen waren wir oft mit der Federung unseres Sprinters unzufrieden. Hinten eine zweite Blattfeder einbauen zu lassen, war eine schlechte Idee gewesen, denn so war die Federung viel zu hart. Kurz vor der Verschiffung haben wir uns entschlossen, die zusätzliche Blattfeder ausbauen und eine Zusatz-Luftfederung einbauen zu lassen. Ein feines Fahrgefühl! Heute werden noch die Öle in allen vier Getrieben gewechselt und eine undichte Achsmanschette erneuert. Sparschwein, dein Name sei Zerberus! Nun fehlt noch eine gründliche Reinigung und der vorübergehende Einbau einer Trennwand hinter den Vordersitzen, dann ist unser Fahrzeug fertig für die große Reise. Leider erreicht uns heute die Nachricht, dass der Frachter, auf dem die Überfahrt von Hamburg nach Kanada stattfinden soll, von einem Sturm beschädigt wurde und zu umfangreichen Reparaturen in eine Werft muss. Wir haben zwei Möglichkeiten: Erstens die Verschiffung mit einem anderen Frachtschiff eine Woche später, am 29. April, oder eine Verschiffung von Bremerhaven fünf Tage früher (17. April). Da wir den Flug nach New York schon gebucht haben, wären wir im ersten Fall zehn Tage ohne Auto. Im zweiten Fall müsste der geplante dreitägige Aufenthalt in New York ausfallen. Das scheint uns das geringere Übel zu sein. Bremerhaven mit Anlieferung in letzter Minute also.
4. April 19
Der Wasser-Einfüllstutzen hat einen Riss. Wasser, das wir in den Tank füllen wollen, läuft irgendwohin, um kurz darauf aus der hinteren Stoßstange auf den Boden zu rinnen. Es dauert einen halben Tag, bis das in Ordnung gebracht ist. Nun können wir Wasser tanken und den Zerberus vor der Verschiffung nochmals innen reinigen. Nein, Irrtum: Die Wasserpumpe streikt. Sie läuft zwar eigentlich, fördert aber kein Wasser. Wieder vergehen Stunden, bis das behoben ist. Defekt ist keiner zu finden, wahrscheinlich war die Pumpe über den Winter zu lange untätig.
9. April 19
Damit man uns nicht nochmals das Wohnmobil auf der Überfahrt ausräumt, baue ich aus Brettern eine Trennwand hinter den Vordersitzen ein.
Sonntag, 14. April 19, Tag 474, Österreich-Bremerhaven
Wir wählen den Sonntag für die Anreise nach Bremerhaven, weil ohne LKW auf der Straße entspanntes Fahren möglich ist. Leider nieselt es in Norddeutschland und ab Leipzig ist viel Verkehr. Dennoch sind nach zehn Stunden die Tausend Kilometer geschafft. Es bleibt sogar noch Zeit für eine Stadtbesichtigung im Schnelldurchlauf. Bremerhaven ist wie ausgestorben, es sind kaum Menschen auf den Straßen und ein offenes Lokal mit lokaler Küche ist nicht zu finden. Km 1.020/1.020/98.550.
Montag, 15. April 19, Tag 475, Bremerhaven, Hamburg
Vom Hotel bis zum Hafen ist es nur ein Katzensprung. Vor dem Büro von Wallenius-Wilhelmsen erfolgt die Kontrolle, ob sich auch keine unerlaubten Sachen im Auto befinden. Die Liste, was auf der Überfahrt nicht im Fahrzeug sein darf, ist lang und ihr Sinn offenbart sich uns nur teilweise: Dass keine Waffen, Munition und Drogen im Auto sein dürfen, ist leicht einzusehen, auch verderbliche Waren versteht man. Aber es sind auch alle Flüssigkeiten verboten. Ein Schluck Reserve-Motoröl, sogar in orignal verschlossener Flasche ist verboten, obwohl sich das gleiche Öl in einer Menge von über 12 Litern im Motor befindet. Putzmittel, Spülmittel, Getränke, ja sogar Trinkwasser dürfen nicht mit. Verboten sind auch alle Lebensmittel, elektronischen Geräte, DVDs, CDs, Medikamente und etliches mehr. Der unabhängige Kontrolleur beanstandet ein leeres Feuerzeug. Wer genau wissen will, wie streng kontrolliert wird, sendet uns ein Mail. Da wir eine leere Gasflasche im Wohnmobil haben, benötigen wir noch ein Gasfreiheitszertifikat, das von einem weiteren Inspektor nach flüchtigem Blick auf das Manometer erstellt wird und 75 Euro (!) kostet. Nun fahre ich den Zerberus in den Hafen, wo mir ein Parkplatz zugewiesen wird und Fahrzeug und Schlüssel offiziell übernommen werden. Eine Kontrolle durch den Zoll erfolgt nicht. Mit einem Taxi geht es zum Bahnhof und mit der Bahn supergünstig (Niedersachsen-Card) nach Hamburg. Eine abendliche Tour über die Reeperbahn macht keinen rechten Spaß, weil in jeder Bar geraucht wird und ich schon vom nachmittäglichen Abklappern von Sehenswürdigkeiten in der Speicherstadt und der Altstadt recht müde bin. Km 6/1.026/98.556.
Dienstag, 16. April 19, Tag 476, Hamburg
Nach einem Schönheitsschlaf fast bis Mittag besuche ich weitere Sehenswürdigkeiten, sehe eine Weile bei den Dreharbeiten zum ungarischen Film "The Story Of My Wife" zu und fahre ein Stück mit einer Elbfähre, von wo sich ein fantastischer Blick auf die Elbphilharmonie und die Landungsbrücken bietet. Ich sehe mir den "Michel" mit seinem unerwartet hellen Barockraum an und gehe, vorbei am Turm der zerstörten Nikolaikirche, zum wunderschönen Rathaus. Gestärkt vom Abendessen im Hofbräuhaus besteige ich den Nightjet nach ...
Mittwoch, 17. April 19, Tag 477, Linz
... Linz, wo mich Susi vom Bahnhof abholt. Zu Hause erreicht uns die Nachricht, dass due to port congestion die Glorious Leader einen Tag verspätet, also erst morgen, in Bremerhaven anlegen wird. Kann sein, dass der Zerberus nicht bereits auf uns wartet, wenn wir in Halifax ankommen.
2. Mai 19
Die Glorious Leader hat heute mit zwei Tagen Verspätung in Halifax angelegt.
Sonntag, 5. Mai 19, Tag 1/478, Frankfurt, New York
Die Nacht war kurz, denn um 3 Uhr klingelt der Wecker. Der Tag ist lang, denn durch die Zeitverschiebung wird er 30 Stunden dauern. Von Linz geht es zunächst nach Frankfurt und hier gibts gleich Ärger. Dass man für die Einreise in die USA ein Rück- oder Weiterflugticket benötigt, ist uns natürlich bekannt, aber ein Ticket nach Kanada zählt nicht, es muss raus aus Nordamerika sein!1 Wir haben 15 Minuten Zeit, einen Flug zu buchen, sonst lässt man uns nicht an Bord. Da ist nun keine Zeit für Preisvergleiche, wir buchen einen Flug von Vancouver nach Linz am 29. Juli. Damit ist die Flexibilität unserer Reise dahin2. Es ist sehr unangenehm, zu einem bestimmten Termin an einem bestimmten Ort sein zu müssen. Nun können wir an Bord des Doppeldeckers: Wir besteigen einen A380 der Singapore Airlines.
New York, USA 1 EUR = 1,12 US-Dollar MESZ -6 Stunden 10.800 Einwohner/km2
In New York ist es kalt und regnerisch. Wir beziehen unser Hotelzimmer in der Nähe des Times Square, fahren dann aber gleich zum Pier 15, von wo wir eine Bootsfahrt zur Freiheitsstatue machen. Trotz schlechtem Wetter finden wir den Blick auf die Skyline Manhattans spektakulär. Die Wolkenkratzer machen heute ihrem Namen alle Ehre. Endlich können wir nun auch in unseren Lebensläufen die Zeit am Broadway erwähnen: Unser Spaziergang über die schräge Straße vom Columbus Circle bis zum Times Square ist fantastisch. Leider sind wir trotz Regenschirm bald durchnässt, weil's so schüttet.
Montag, 6. Mai 19, Tag 2/479, New York (8,5 Mio. Ew.)
Am Vormittag machen wir, heute bei wolkenlosem Sonnenschein, einen Spaziergang zum Empire State Building und zum Madison Square. Dann müssen wir uns schon auf den Weg zum Zug machen, der uns zum Liberty-Flughafen in Newark, New Jersey, bringt. Dort ist noch Zeit für's Mittagessen. Vor den Gates gibt es eine Gastronomiemeile mit tausenden (!) Sitzplätzen, von denen jeder mit einem Tablet ausgerüstet ist, auf dem man bestellen oder im Internet surfen kann. Wir sitzen schon eine Weile im Flugzeug nach Halifax, doch das macht keine Anstalten zu starten. Nach einer knappen Stunde müssen wir wieder aussteigen, die Maschine hat einen technischen Defekt. Mit dreistündiger Verspätung geht es dann los; während des Steigfluges blicken wir nochmals auf das Hochhäusermeer von New York. Mit unseren Gedanken sind wir aber schon in Halifax: Wird alles klappen mit der Abholung unseres Zerberus? Vom Spediteur, von dem wir morgen früh unser Auto abholen wollen, haben wir noch nichts gehört, auf Mails kommt keine Antwort.
1
Dass ein Land sicherstellen möchte, dass Besucher auch wieder ausreisen, ist
verständlich. Ein Rückflug- oder Weiterflugticket zu fordern, verstehen wir
gerade noch, macht es aber unmöglich, auf dem Luftweg ein- und auf dem Landweg
auszureisen. Wer übrigens umgekehrt auf dem Landweg in die USA einreist, der
braucht kein Ticket vorweisen. Wenn man nun wie wir in die USA fliegt und nach
Kanada weiterfliegt, wird dieses Weiterflugticket nicht anerkannt, man muss auch
den Nachweis erbringen, dass man innerhalb von 90 Tagen nach Einreise in die USA
wieder aus Kanada ausreist. Das muss man sich einmal vorstellen, was das genau
heißt: Es ist eine Einmischung der USA in kanadische Angelegenheiten. Kanada
verlangt übrigens kein Rück- oder Weiterflugticket.
2
Dass wir gegen je zirka 100 Euro Aufpreis ein umbuchbares
"Flexi"-Ticket buchen, wird sich als völlig nutzlos erweisen.