Zurück nach British Columbia und Yukon

Übersicht 12. Etappe

Wird alles wieder gut?

Donnerstag, 13. Juni 19, Tag 40/517, Katastrophe

Unter der Motorhaube ist alles voll Öl! Und ich habe noch das furchtbare Geräusch im Ohr. Klingt so ein Motorschaden? Katastrophe! Das sieht schwer nach Ende der Reise aus! Es dauert nicht lange, da kommt ein Motorradfahrer aus der Gegenrichtung. Den halte ich an und bitte ihn, beim Eagle Plains Hotel Bescheid zu sagen, dass sie uns abschleppen. Bald kommt auch ein Pickup, der uns mit etwas Mühe bis zum Hotel hinauf schleppt und uns hinter demselben abstellt. Die herrliche Aussicht können wir nicht so recht genießen. Es gibt zwar hier eine einfache Werkstatt, aber keinen Mechaniker. Er kann jederzeit einen Transport nach Dawson City organisieren, sagt mir der Hotelchef, kostet so um die 2.500 Dollar. Da schau' ich mir doch lieber die Sache mal selbst an. Bevor man überhaupt daran denken kann, das Leck zu suchen, muss ich zuerst den Motor mit vielen Blättern Küchenrolle so gut es geht reinigen. Dabei sehe ich, dass der Dichtring des Ölfilterdeckels hervorsteht. Ist hier das Öl herausgespritzt? Ich schraube den Deckel ab, positioniere den Ring neu und schraube den Deckel wieder auf. Der Ölmessstab zeigt übrigens Ebbe an. Ich muss zweimal Öl kaufen gehen und etwa zehn Liter einfüllen (12 passen hinein), bis der Ölstand passt. Dann starte ich, doch ein besorgniserregendes Geräusch lässt mich den Motor schnell wieder abstellen. Also doch Transport nach Dawson. Vielleicht haben wir ja Glück und es kann uns morgen ein vorbeikommender LKW aufladen. Km 311/14.049/112.605. Sonnenuntergang 02.02, Sonnenaufgang 02.11

Freitag, 14. Juni 19, Tag 41/518, Glück im Unglück

Beim Frühstück besprechen wir, was weiter geschehen soll. Dawson City ist zwar klein, aber es ist "nur" 400 Kilometer entfernt und es gibt dort sicher eine Werkstatt. Was die dort können und ob und wie schnell die Ersatzteile besorgen können, weiß man natürlich nicht. Die nächste Mercedes-Werkstätte befindet sich in Anchorage in Alaska, 1.200 Kilometer entfernt, aber als Fracht mit einem LKW über die Grenze ist bestimmt kein einfaches Unterfangen. Die nächsten Mercedes-Werkstätten in Kanada sind in Vancouver, Calgary und Edmonton, alle um die 3.000 Kilometer entfernt. Am einfachsten wird es vermutlich sein, den Zerberus nach Dawson zu bringen und dort einmal nachzusehen, was genau kaputt ist. Aber extra einen LKW kommen lassen ist sicher die teuerste Variante. Da versuchen wir zuerst, per Anhalter weiterzukommen. Die wenigen LKW, die hier vorbeifahren, bringen Güter nach Inuvik und fahren garantiert alle leer zurück. Ich möchte in Erfahrung bringen, wie viele LKW täglich hier vorbeikommen und wie man die anhalten könnte, denn es werden wohl nicht alle hier Station machen. Oder kann man die Trucker über Funk erreichen? Auf dem Weg zur Rezeption biege ich um eine Ecke und traue meinen Augen nicht: Da steht ein Laster mit einem riesigen Tiefladeranhänger. Und das Best ist: Er ist leer! Der Fahrer ist schnell gefunden, er kommt gerade aus dem Restaurant, wo er und seine Frau gefrühstückt haben. Ich erkläre ihm unsere Situation. Er sagt, er hat einen Baustellenlaster nach Inuvik gefahren und ist nun auf dem Weg zurück nach Edmonton. Da kommt er zwar nicht nach Dawson City, aber er könnte uns in Whitehorse absetzen oder gar bis Edmonton mitnehmen. Er muss aber mit seinem Chef telefonieren, was das kostet. In der Zwischenzeit packen wir überstürzt eine Tasche, denn es ist klar, dass wir auf der Fahrt nicht im Zerberus sein dürfen und in der Fahrerkabine kann kein Platz sein, denn außer dem Fahrer und seiner Frau sind auch noch zwei Hunde an Bord. Die Summe, die der Chef für den Transport bis Edmonton verlangt, ist zwar gemessen an der Strecke und verglichen mit dem gestern gehörten Preis recht günstig, wir müssen aber doch schlucken. Gord, so heißt der Fahrer, schlägt vor, dass wir zu einem Drittel des Preises vorerst bis Whitehorse mitfahren, da muss er dann ohnehin 36 Stunden pausieren. In dieser Zeit könnten wir vor Ort eine Werkstatt finden oder, wenn nicht, noch immer bis Edmonton mitfahren. Und er würde uns in seiner Kabine mitnehmen! Das klingt jedenfalls sehr vernünftig. Leider ist die Rampe des Anhängers nicht geeignet, um mit dem Zerberus raufzufahren, wir würden aufsitzen. Es gibt aber in der Nähe des Hotels eine Auffahrrampe, auf die man uns schleppt. Und schon hat uns Gord's Truck huckepack genommen. Wir nehmen uns Getränke, Futter und was zum Lesen mit und klettern in den Laster. Wir wollten ohnehin schon immer wissen, wie es in einer Schlafkoje eines LKW aussieht. Wir staunen, wie geräumig es ist. Gord und seine Frau Nadina sitzen natürlich vorne, zwischen ihnen liegen die Hunde Daisy und Duke und hinten nehmen wir Platz. Wir können sitzen oder liegen. Sehr gemütlich. Wir fahren etwa 12 Stunden lang mit drei halbstündigen Pausen. Obwohl wir uns mit den beiden gut verstehen und auch mit den Hunden Spaß haben, ist es ziemlich langweilig und wir sind froh, als wir um zehn Uhr in Whitehorse ankommen. Wir schlafen natürlch im Zerberus.

 

Samstag, 15. Juni 19, Tag 42/519, Whitehorse

Gord ruft alle möglichen Leute an, um eine gute Werkstatt zu finden. Aber bei den meisten Autohäusern ist, wenn überhaupt, am Samstag nur der Verkauf geöffnet, die Werkstätten haben zu. Ein Bekannter von ihm meint, viele Werkstätten würden einen fremden Motor nicht angreifen und wenn doch, sei die Ersatzteilbeschaffung sehr zeitaufwändig. Er empfiehlt uns, unbedingt nach Edmonton weiterzufahren. Ich komme unterdessen mit dem Fahrer eines Abschleppdienstes ins Gespräch, der mir eine Werkstätte empfiehlt, in der sie alle Dieselmotoren reparieren und sie hätten einen guten Ruf und die Ersatzteile kämen rasch mit dem Flugzeug. Die haben aber auch heute und morgen geschlossen und Gord muss aber morgen Vormittag weiterfahren. Was nun tun? Wem vertrauen? Nach ausführlichem Abwägen aller Für und Wider bitten wir Gord, bei seinem Chef um einen Preisnachlass für die Reststrecke anzufragen. Der Chef ermäßigt den Preis um die Hälfte. Wir bringen den Zerberus also nach Edmonton. In Europa entspräche das einer Strecke von Schweden bis Sizilien. Wahnsinn irgendwie. Es stehen uns also noch 2 sehr lange Tage in der LKW-Kabine bevor. Zusammen mit den beiden fahren wir mit einem Taxi ins Zentrum von Whitehorse und sehen uns das wirklich sehr interessante MacBride Museum an, das eine naturkundlichen Sammlung beherbergt und der Geschichte der Stadt mit dem Schwerpunkt Goldrausch gewidmet ist. 

Sonntag, 16. Juni 19, Tag 43/520, Alaska Highway

Gord fährt wie eine Maschine. Wir machen die vorgeschriebenen Fahrpausen zu genau 30 Minuten, da ist gerade Zeit, um ein Häppchen zu essen und für die Toilette. Und schon geht es weiter. Bis in die Nacht hinein. 

Montag, 17. Juni 19, Tag 44/521, Alaska Highway

Obwohl wir uns natürlich unterhalten, mal lesen, mal schlafen, ist es langweilig und irgendwie finde ich es zermürbend, selbst gar nichts tun zu können. Manchmal liegt einer der Hunde bei uns, der Kleine ist ja echt zum Fressen. 

Dienstag, 18. Juni 19, Tag 45/522, Edmonton

Zu Mittag erreichen wir Edmonton. Gord wäscht den total verdreckten Laster und dessen genauso schmutzige Ladung und dann stehen wir nach fast 3.000 Kilometern Huckepack vor der Mercedes-Werkstätte. Gord ruft einen Abschleppdienst, weil wir zum Abladen einen Autotransporter benötigen. Der Abschied von Nadina und Gord und den Hunden fällt uns schwer, wir haben uns sehr angefreundet. Bei Mercedes sitzen wir zunächst drei Stunden rum. Dann ist es Gewissheit: Der Zerberus hat einen Motorschaden. Ein neuer Motor ist in Nordamerika nicht verfügbar, weil die Sprinter hier alle Benzinmotoren haben. Es gibt daher hier mit Garantie auch keinen gebrauchten. Somit gibt es eigentlich nur zwei Möglichkeiten: Erstens einen neuen oder gebrauchten Motor aus Europa kommen lassen. Über die Kosten haben wir zur Zeit nicht einmal ansatzweise eine Vorstellung. Zweitens das Auto verschrotten lassen, denn verkäuflich ist er sicher nicht. In beiden Fällen könnten wir entweder in den nächsten Tagen heim fliegen oder mit einem Miet-Wohnmobil die Reise fortsetzen. Vielleicht sollten wir mal drüber schlafen. Das dürfen wir übrigens im Zerberus hinter der Werkstätte. 

Mittwoch, 19. Juni 19, Tag 46/523, Edmonton

Der Tag begrüßt uns mit einem heftigen Hagelgewitter, dann regnet es den ganzen Tag dahin. Echt passend zu unserer Stimmung. Wir dürfen bei Mercedes unsere Wäsche waschen. Während Susi sich mit den ungewohnten amerikanischen Geräten abmüht, versuche ich unseren Heimflug umzubuchen. Zur Erinnerung: Vor unserem Abflug in Frankfurt nach New York musste ich einen Rückflug buchen, obwohl wir einen Weiterflug von New York nach Kanada hatten. Sonst hätten sie uns nicht an Bord gelassen. Damals hab ich für gut einen Hunderter pro Person auf ein Flexi-Ticket aufgezahlt, das man umbuchen kann. Das versuche ich nun. Nach 20 Minuten in der Warteschleife habe ich dann eine schlecht deutsch sprechende Dame mit slowakischem Akzent am Rohr. Was die mir sagt, haut mich echt von den Socken. Für eine Umbuchung auf einen Flug von Vancouver nach Linz an einem der nächsten drei Tage müssten wir 746 Euro aufzahlen. Pro Person. Nein danke! Wir werden die Tickets verfallen lassen. Nach kurzer Suche finde ich dann einen Flug von Edmonton nach Linz, der kaum teurer ist als die Aufzahlung. Am Freitag geht es nach Hause! Am Nachmittag erhalten wir dann den schriftlchen Kostenvoranschlag für die Reparatur. Da sind wir echt kurz sprachlos. Wir vereinbaren mit der Werkstatt, dass wir bis Ende nächster Woche bekanntgeben, ob wir einen gebrauchten Motor herschicken, oder die Reparatur mit einem von Mercedes gelieferten Austauschmotor in Auftrag geben. Dass wir den Zerberus nicht verschrotten wollen (oh Gott, was für ein hässliches Wort!), haben wir definitiv entschieden. Danke allen, die uns mit Tipps, wie man zu einem Motor kommen könnte, helfen. Wir sind sehr beeindruckt von dieser Welle der Hilfsbereitschaft.

Donnerstag, 20. Juni 19, Tag 47/524, Edmonton

Der Tag vergeht mit sinnlosen Telefonaten mit dem Zoll und Zerberus Putzen. 

Freitag, 21. Juni 19, Tag 48/525, Edmonton, Vancouver

Wir packen unsere Taschen und machen das Auto sicherheitshalber frostsicher. Dann bringt uns der Shuttledienst von Mercedes zum Flughafen. Mit Air Canada geht es zunächt nach Vancouver, wo wir einen Jumbo Jet der Lufthansa besteigen. Da wir die Grönland-Route fliegen, die weit über den Polarkreis hinaus führt, und noch dazu Sonnenwende ist, geht die Sonne heute Nacht nicht unter. Es gibt fantastische Blicke auf die menschenleere Tundra. Die unzähligen Seen sind noch gefroren und schneebedeckt.    

Samstag, 22. Juni 19, Tag 49/526, Frankfurt

Von Frankfurt braucht es nur noch ein Hupferl mit dem Provinzflieger und wir sind wieder in der Heimat. Danke, Anna, für's Abholen vom Flughafen!

28. Juni 19

Nach vielen Stunden vor dem Computer und nach unzähligen Telefonaten haben wir einen gebrauchten Motor für unseren Zerberus gefunden. Er stammt aus einem E-Klasse-Mercedes und die meisten Anbauteile müssen umgebaut werden. Wir senden alle Infos über den Motor an Mercedes in Edmonton und warten auf einen Kostenvoranschlag. Der Versand des Motors wäre gar nicht so teuer, wie befürchtet. 

2. Juli 19

Der Kostenvoranschlag ist unglaublich! Die müssen 40 bis 50 Stunden Arbeitzeit gerechnet haben. Die Werkstatt, die den gebrauchten Motor verkauft, und "meine" Mercedes-Werkstatt in Österreich geben nur 24-28 Stunden an. Damit konfrontiert, bringt die Werkstätte in Edmonton alle nur erdenkbaren Einwände, die gegen den Einbau eines Gebrauchtmotors sprechen. Auf meine Bitte, den Kostenvoranschlag näher zu erläutern, kommen sie nicht nach. Es ist klar, die wollen einen neuen Motor verkaufen und sich nicht mit dem Umbau eines gebrauchten plagen. Wir fühlen uns denen ausgeliefert, sehen kaum Optionen. Den Zerberus in die andere Mercedes-Werkstatt in Edmonton transferieren? Das kostet auch Geld und sehr wahrscheinlich sprechen sich die Werkstätten untereinander ab, was es wohl nicht billiger macht. Eine "freie" Werkstatt beauftragen? Wer weiß, wie die arbeiten? Wir werden wohl einen neuen Motor einbauen lassen.

4. Juli 19

Die Kanadier verlangen eine 100%-ige Anzahlung für die Reparatur. Die für uns kostengünstige Kreditkartenzahlung lehnen sie ab. Sie wollen eine Banküberweisung. 

9. Juli 19

Unsere Überweisung ist auf dem Konto der Werkstatt eingelangt.

15. Juli 19

Die Werkstatt hat bereits den Motor ausgebaut, dabei ist der Starter kaputt gegangen. Außerdem erhalten wir Fotos von der Kupplung. Eine komplette Erneuerung wird uns dringend empfohlen. Wir beraten uns mit "unserem" Mechaniker in Linz und geben einen neuen Starter und eine neue Kupplung in Auftrag.  

6. August 19

Die Reparaturen sind abgeschlossen, nur der neue Starter ist noch nicht eingebaut. Wir buchen die Fähre von Prince Rupert nach Alaska. Leider sind bis Anfang September alle Termine komplett ausgebucht. Erst am 6. September ist ein Platz frei. Es sind auch keine günstigen Flüge Anfang September zu finden. Wir buchen teuer für 2. September.

14. August 19

Die Werkstatt teilt mit, dass nun auch der Starter eingebaut ist und die Probefahrten zufriedenstellend verlaufen sind. Die sind 300 Kilometer gefahren! Unglaublich! Bei uns werden Fahrzeuge nach einem Motortausch 30 bis 40 Kilometer probegefahren. Außerdem haben sie ohne Auftrag das Kühlmittel-Ausgleichsgefäß, bei dem der Sensor kaputt war, getauscht. Und die Abschlussrechnung findet sich im Anhang.

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