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Übersicht 12. Etappe

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Ontario      MESZ -6 Stunden     13 Einwohner/km2

Donnerstag, 16. Mai 19, Tag 12/489, Ottawa (950.000 Ew.)

Das Erste, was uns in Ontario auffällt, ist der gute Asphalt auf dem Highway. In Québec waren die Straßen übersät mit Schlaglöchern und Frostschäden, auch in den Städten. Da die Autos hier auch vorne Kennzeichen haben, montiere ich unseres auch wieder. Im Zentrum von Ottawa finden wir einen Parkplatz hinter der Kirche Notre Dame. Der Platz ist teuer, aber günstig gelegen und ruhig. Obwohl es schon spät ist, geht sich noch eine Besichtigung der Nationalgalerie aus. Wir sehen uns vor allem die Kunst der First Nations an, wie man die Ureinwohner Nordamerikas heute nennt. Witzig finden wir aus Elchfüßen gefertigte Stiefel, Moose-Foot-Boots sozusagen, mit denen man Elchspuren hinterlässt. Im Inneren des Museums befindet sich eine eindrucksvolle große Kapelle aus Holz aus dem Jahr 1888, die hundert Jahre später vor dem Abbruch gerettet und hier aufgestellt wurde. Km 193/3.201/101.757.

Freitag, 17. Mai 19, Tag 13/490, Ottawa

Die neugotische Kirche Notre Dame ist mit aufwändigen Holzschnitzereien ausgefüllt, es ist kaum ein Stück Mauer zu sehen. Sie wirkt düster, aber auf eine nicht unangenehme Art, ein aufgemalter Sternenhimmel ziert die Decke. Unser Spaziergang führt uns zu fantastischen, schlossähnlichen Bauwerken, zunächst zum Fairmont-Hotel Chateau Laurier, dann zu den Parlamentgebäuden auf einem kleinen Hügel über dem Ottawa River und weiter zum Confederation Building. Das Supreme Court und die Hochhäuser gegenüber sind zwar moderne Gebäude, fügen sich aber mit ihren Kupferdächern bestens in das Ensemble neugotischer Bauwerke ein. Durch das Markt- und Gastronomieviertel geht es zurück zum Auto. Wir machen einen Abstecher zum Musical Ride Centre der königlichen kanadischen berittenen Polizei, doch leider sind die Mounties gerade auswärts und wir können nicht beim Exerzieren mit Pferd zusehen. Das Museum zeigt aber anschauliche Videos über die Rotröcke. Bei der Ausfahrt aus Ottawa passieren wir vom Fluss überschwemmte Gebiete; die Häuser stehen schon vier Wochen unter Wasser! Ein ähnliches Bild bietet sich am Sankt-Lorenz-Strom, den wir bald nach Westen entlang fahren. Als wir auf einer Landstraße mit etwa 80 so dahin fahren, macht es plötzlich einen Tuscher, als wäre irgendetwas gegen unser Auto geprallt. So ähnlich hat es geklungen, als in Serbien jemand eine Melone von einer Autobahnbrücke runtergeworfen hat und wir sie auf die Windschutzscheibe gekriegt haben. Hier war aber keine Brücke, es ist uns auch kein Auto entgegen gekommen. 15 Zentimeter über der Windschutzscheibe haben wir eine Delle, die offensichtlich von einem kleinen harten Gegenstand stammt, nicht etwa von einem Vogel. Da wir auch keine Leute gesehen haben, die einen Stein geworfen haben könnten, kommt wohl am ehesten ein Projektil in Frage, das schon so langsam war, dass es das Autoblech nicht mehr durchschlagen konnte, zum Beispiel auf Wildgans geschossen und nicht getroffen. 20 Zentimeter tiefer und die Windschutzscheibe wäre hin. Glück gehabt. Wir übernachten in einem Dorf namens Prescott direkt am Strom und mit Blick in die USA und werden hier als die ersten Europäer heuer begrüßt. Und es gibt erste Mücken. Km 185/3.386/101.942.

Samstag, 18. Mai 19, Tag 14/491, 1.000 Islands, Boldt Castle

Von hier bis zu seinem Abfluss aus dem Ontariosee gibt es weit mehr als tausend Inseln im Sankt-Lorenz-Strom. Auf einer davon befindet sich das imposante Boldt Castle, das bereits zur USA gehört. Es ist auch am einfachsten vom US-Ufer zu erreichen und da es zufälligerweise ganz in der Nähe auch eine Brücke über den Sankt-Lorenz-Strom gibt, machen wir einen Ausflug in den US-Bundesstaat New York. Vor der Grenzstelle gibt es einen Stau und wir müssen fast eine halbe Stunde warten. Von Kanadischer Seite wird nicht kontrolliert, die US-Beamtin stellt viele und genaue Fragen nach dem Woher und Wohin und Wie lange und nach Alkohol, Zigaretten, Drogen und Waffen und macht auch einen Blick ins Auto. Vom Ort Alexandra Bay geht jede halbe Stunde ein Boot nach Boldt Island. Das Schloss und die anderen Bauten auf der kleinen Insel sind wie aus einem Märchenbuch. Uns berührt auch die Geschichte des Schlosses: Es wurde von George Boldt, der mittellos aus Deutschland in die USA kam und es zum Millionär brachte, für seine Frau gebaut, die jedoch 1904 kurz vor der Fertigstellung verstarb. Boldt ließ daraufhin alle Bauarbeiten einstellen und das Schloß verfiel zusehend. Erst 1977 wurde mit Renovierungsarbeiten begonnen. Der Grenzübertritt zurück nach Kanada geht recht schnell vonstatten, man wird nur von den Kanadiern kontrolliert. Auf dem Highway Richtung Toronto schaltet sich unser Zerberus plötzlich ins Notprogramm, da fährt er dann ohne Turbo und wird richtig lahm, und die Motorkontrollleuchte blinkt. Auf einer Raststätte schaue ich mir den Patienten mal an und entdecke einen Ölfleck am Turboladerschlauch, kann aber keinen Riss finden. Da werden wir wohl am Montag in Toronto nochmals eine Werkstätte aufsuchen müssen. Da die Gegend entlang des Ontariosees recht eben ist, kommen wir auch ohne Turbo halbwegs flott voran. Der Highway wird sechsspurig und es ist reichlich Verkehr. Wir sind bereits in Toronto, als ich plötzlich die Polizei mit Rot-Blau-Licht und Sirene hinter mir habe. Die meinen doch nicht etwa uns? Ich fahre rechts ran und zwei (!) Polizeiautos halten hinter uns. Ich lass das Fenster runter und lege, wie es sich gehört, beide Hände auf's Lenkrad. Zwei Polizisten kommen her, einer erklärt mir, dass er mich angehalten hat, weil ich kein "anterior number plate" hätte. Wie kann das sein? Als ich vorhin auf der Raststätte unter dem Auto gelegen bin, waren sicher beide Kennzeichen da. Erst als er fragt, warum das Auto ein "Austrian number plate" drauf hat, wird mir klar, dass er zuvor "Ontario numer plate" gesagt hat. Ich sage, das Auto hat österreichische Kennzeichen, weil es aus Österreich ist. Darauf meint er, that does make sense, erkundigt sich noch nach unseren Reiseplänen, gibt mir die Hand und wünscht uns eine gute Fahrt. Wir übernachten wieder bei Walmart. Km 390/3.776/102.332.

Sonntag, 19. Mai 19, Tag 15/492, Toronto (6,1 Mio. Ew.)

Nachdem wir mit dem Zug ins Stadtzentrum gefahren sind, geht es gleich zum 550 Meter hohen CN-Tower. Die Liftkabine, die uns in unter einer Minute hinauf bringt, hat einen Glasboden und Glastüren. Wir sehen, wie selbst die Hochhäuser neben dem Tower rapide schrumpfen. Oben gibt es einen spektakulären Rundumblick über die Stadt und die Inseln im Ontariosee. Auf einer davon befindet sich der City-Flughafen und es ist total faszinierend, den Flugzeugen bei Start und Landung von oben zuzusehen. Wir spazieren nun an der Waterfront bis zum Fähranleger, denn die öffentlichen Inselfähren sind eine kostengünstige Möglichkeit, vom Wasser her auf die Skyline zu blicken. Aber vor der Kasse ist eine unfassbar lange Warteschlange! Doch da gibt es einen Eingang ohne Warteschlange für Leute, die das Ticket online gekauft haben. Ich zücke Handy und Kreditkarte und nach zwei, drei Minuten gehen wir an der Warteschlange vorbei. Die Fähre ist voll mit Leuten mit Fahrrädern oder im Joggingoutfit und mit Familien, die zum Vergnügungspark auf der Insel fahren oder zum Picknick unterwegs sind. Wir fahren mit derselben Fähre gleich wieder zurück, weil wir noch in den Distillery District wollen, wo man alte Backstein-Lagerhäuser in Galerien, Boutiquen, Cafes und Pubs verwandelt hat. Dazwischen gibt es Straßenkünstler, Musikanten und jede Menge Stimmung. Mit der Tramway fahren wir nun zum Alten Rathaus, einem herrlichen neoromanischen Gebäude, das sich mit seinem Uhrturm zwischen den Wolkenkratzern behauptet. Gleich daneben befindet sich das Neue Rathaus, ein ungewöhnlicher moderner Bau mit zwei im Grundriss bogenförmigen Türmen und einem "UFO" dazwischen. Davor befindet sich ein Platz, auf dem gut hundert Leute mit türkischen, kanadischen und Atatürk-Fahnen des türkischen Befreiungskrieges vor 100 Jahren gedenken. Wir gedenken unserer müden Beine und treten den Rückweg zum Bahnhof an. Mit dem Zerberus fahren wir zu einem anderen Walmart, in dessen Nähe sich eine Mercedes-Werkstätte befindet. So müssen wir morgen nicht weit durch den Montagmorgenverkehr. Erst später beim Blick auf den Kalender sehen wir, dass morgen Feiertag in Kanada ist. Da werden wir in der Werkstätte vermutlich nicht viel ausrichten. Km 19/3.795/102.351.

Montag, 20. Mai 19, Tag 16/493, Niagara Falls

Das Wasser aus dem Eriesee stürzt tosend eine Schichtstufe hinunter, sammelt sich in einem Becken und fließt als nur 20 Kilometer langer Fluss in den Ontariosee. Mit "das Wasser" ist viel Wasser gemeint. Sehr viel. Zwanzigtausend Badewannen voll. Pro Sekunde! Dem zuzusehen sind wir gekommen. Trotz Feiertag ist in Niagara Falls nicht viel los. Wir kriegen einen (sündteuren) Parkplatz direkt vor dem Skylon Tower. Wir wollen uns die berühmten Wasserfälle zunächst von oben ansehen. Danach geht es mit einem Boot sehr nahe an die Wasserfälle heran. So nahe, dass wir trotz Regenschutz ziemlich nass werden. Das Tollste aber ist der Blick vom Table Rock direkt an der Kante des Wasserfalls. Rund um die Fälle gibt es ein Vergnügungsviertel unangenehmen Ausmaßes mit Fahrgeschäften, Casinos und Spielhallen, ein Klein-Las Vegas sozusagen. Kein Ort, an dem wir verweilen möchten. Auf der Rückfahrt machen wir einen Abstecher durch Niagara-on-the-Lake, einem netten Städtchen mit gepflegten Häusern und tollen Villen. Von kanadischem Wein hat man bei uns noch nicht viel gehört, aber hier wächst er. Am Abend sind wir wieder zurück in Toronto. Morgen versuchen wir unser Glück bei Mercedes. Km 355/4.150/102.706.

Dienstag, 21. Mai 19, Tag 17/494, Toronto

Für jede  Diagnose berechnen sie in der Werkstatt pauschal stolze 250 Dollar (170 Euro). Nach nicht einmal einer halben Stunde dann die Überraschung: Das Abgasrückführungsventil ist kaputt. Das Teil ist nicht in der Werkstatt lagernd, es muss bestellt werden und ist zu Mittag da. Der Kostenvoranschlag für die Reparatur ist ernüchternd. Wir beschließen, ein Spendenkonto einzurichten. Wir nützen die Wartezeit und lassen in einer nahen Mall die Batterie in Susis Uhr und den Akku meines iPhones wechseln, denn der alte ist echt am Ende. Der Chinese schwört, dass er nur original Apple Akkus einbaut, schwer zu glauben, kostet doch der Akkutausch nur 35 Dollar. Es ist drei am Nachmittag, als wir endlich ohne Warnleuchten und mit Turbo Toronto verlassen. Wir fahren noch durch den Algonquin Provincial Park und hier steht er: unser erster Elch! Wir campieren jenseits des Parks idyllisch und erstmals mit Lagerfeuer direkt an einem See. Km 307/4.457/103.013.

Mittwoch, 22. Mai 19, Tag 18/495, Algonquin Provincial Park

Wir verbringen den Tag im Provinzialpark, sehen uns zuerst das Holzfäller-Freilichtmuseum an, das sehr anschaulich zeigt, wie früher Bäume gefällt, Stämme behauen und mit Pferden und Winden zum und dann auf dem Wasser transportiert wurden. Ein weiteres sehr schön gestaltetes Museum im Besucherzentrum informiert über die Fauna des Parks. Eine kleine Wanderung führt uns zu einem Aussichtspunkt, von dem man weit über den Park blickt. Manche der Seen im Park haben schöne Strände. Ich gehe testweise mal ins Wasser, doch die Temperatur reicht nicht einmal bis zum Knie. Als es am späten Nachmittag zu regnen beginnt, fahren wir einfach ein Stück auf unserer Route weiter. Es geht durch ein Gebiet mit tausenden Seen: See links, See rechts, Seen beidseits. In Port Carling sehen wir an einer Hausmauer ein riesiges Bild eines Dampfers. Wenn man aber näher kommt, zeigt sich, dass das Bild aus tausenden Fotos aus der Geschichte des Ortes besteht. Km 236/4.693/103.249.

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Donnerstag, 23. Mai 19, Tag 19/496, Lake Huron

Wir fahren heute am Huronsee und am Lake Superior entlang. Die meiste Zeit regnet es, kein Wetter für Strandurlaub. In einer Regenpause machen wir allerdings einen Spaziergang am sehr schönen Sandstrand von Pancake Bay am Oberersee. Später ist es sehr nebelig. Viele Fahrzeuge sind nur mit Tagfahrlicht unterwegs und hinten unbeleuchtet. Wir übernachten am Sandy Beach in Wawa. Km 692/5.385/103.941.

Freitag, 24. Mai 19, Tag 20/497, Lake Superior, wir haben ⅔ der Erde umrundet!

Wir beginnen den Tag mit einem kühlen Strandspaziergang und sehen uns dann noch die Magpie High Falls und die Wawa Goose an, eine riesige Gans an der Ortseinfahrt von Wawa. Schon knapp 100 Kilometer weiter, in White River, gibt es die nächste "Sehenswürdigkeit": Auf einem Baum sitzt Pu der Bär. Winnie Puuh soll hier seine Heimat haben. Kurz nach White River haben wir zwei Drittel der Erde umrundet! Der Trans-Canada-Highway führt nun abwechslungslos am Lake Superior entlang. Die Wälder werden dünner und niedriger. Wir passieren hunderte kleine Seen. Am späten Nachmittag erreichen wir den Abzweig zum Ouimet-Canyon, doch die Straße ist gesperrt. Ein Einheimischer erklärt uns eine Umleitung, die uns über lehmige Straßen zum Canyon führt. Im Nieselregen gehen wir zu zwei Aussichtsplattformen, die einen tollen Blick hinunter in die 150 Meter tiefe Schlucht bieten, in der noch Schnee liegt. Wir fahren noch bis Thunderbay. Km 528/5.913/104.469.

Samstag, 25. Mai 19, Tag 21/498, Thunder Bay (125.000 Ew.)

Es ist so nebelig, dass an eine Stadtbesichtigung zunächst nicht zu denken ist. Wir gehen erst einmal einkaufen, denn Thunder Bay ist die letzte Stadt bis Winnipeg, in der es alles und das zu normalen Preisen gibt. Nun hat sich der Nebel ein wenig gelichtet und wir sehen uns das unspektakuläre Stadtzentrum an. Der finnische Buchladen, ein finnisches Restaurant und eine Sauna sind Hinweise darauf, dass in Thunder Bay etwa zehn Prozent der Einwohner finnischer Abstammung sind. Als wir noch auf den Aussichtsberg Mount McKay fahren, hat sich der Nebel so weit gehoben, dass man zumindest auf die Stadt hinuntersieht. Der Blick wird von einer riesigen Papierfabrik dominiert, deren Lärm bis herauf dringt. Wir fahren nun, wie gewohnt durch Mischwälder und vorbei an Seen, nahe an der Grenze zu den Vereinigten Staaten westwärts und überqueren die arktische Wasserscheide. Sind bisher alle Flüsse in die Großen Seen bzw. in den Sankt-Lorenz-Strom gemündet, so fließen sie jetzt nach Norden ins Nordpolarmeer. Immer wieder machen die Wälder ein herbstliches Bild, doch die rotbraune Färbung vieler Bäume am Straßenrand kommt daher, dass sie durch das Abbrennen von Gras versengt wurden. In Fort Franzes können wir über den Rainy River hinüber nach Minnesota blicken. Wir passieren Sioux Narrows und erreichen am Abend Kenora, wo wir neben einem Sportplatz campieren. Schon bald aber torkeln betrunkene Indianer2 herum und dann parkt ein Pickup vis-a-vis, dessen Fahrer so tut, als würde er ins Handy schauen, wir glauben aber, dass er uns beobachtet. Nach dem Abendessen suchen wir uns einen neuen Platz außerhalb der Stadt im Wald. Es gibt wieder ein Lagerfeuer. Km 652/6.565/105.121.

1 Die Wölfe im Besucherzentrum des Algonquin-Provinzial-Parks sind ausgestopft. Dennoch wirkt die Szene total realistisch, vor allem durch den phantastisch gemachten Übergang des Bodens in die mit der Landschaft bemalte Rückwand des Dioramas.
2 Aus Gründen der besseren Lesbarkeit und leichteren Verständlichkeit verwende ich nicht den korrekten Begriff "Angehörige der First Nations". "Indianer" ist selbstverständlich in keiner Weise abwertend gemeint. 

 

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