Manitoba MESZ -7 Stunden 2 Einwohner/km2
Sonntag, 26. Mai 19, Tag 22/499, Winnipeg (660.000 Ew.)
Auf dem Weg in die Hauptstadt Manitobas passieren wir den longitudinalen Mittelpunkt Kanadas am Trans-Canada-Highway. Winnipeg ist eine weitläufige, aber keine recht hübsche Stadt, die Straßen sind schlecht, es wirkt alles ein bisschen unordentlich oder verlottert. Die Stadt ist wegen des Sonntags ziemlich ausgestorben und Parkplätze sind leicht zu finden. Wir klappern die wenigen Sehenswürdigkeiten ab, die Basilika St. Boniface, von der nach einem Brand nur mehr die Fassade steht, den Cube, eine Bühne für Musiker in Form eines silbernen Würfels, das sehr ansehnliche Parlament und Upper Fort Garry, wo an der Stelle der früheren Fortmauer eine rostige Eisenwand die Geschichte Manitobas illustriert. Daneben befindet sich im Bahnhof das Winnipeg Railway Museum, das uns gut gefällt, weil nicht nur alte Züge gezeigt werden, sondern diese recht stimmungsvoll an Bahnsteigen im alten Bahnhofsgebäude stehen. Nicht nur Lokomotiven und Waggons sind Exponate, auch das Museum selbst ist Ausstellungsstück. Am Nachmittag sind wir schon wieder auf der Weiterfahrt Richtung Lake Winnipeg. Wir halten und übernachten im Ort Gimli, in dem isländische Kanadier wohnen. Eine Wikingerstatue am Badestrand ist da selbstverständlich. Erfreulicherweise hat sich nun endlich das Wetter gebessert und wir können in der Sonne sitzen. Km 291/6.856/105.412.
Montag, 27. Mai 19, Tag 23/500, Hecla. 500 Tage auf Weltreise!
Zwei Inseln im See bilden den Hecla/Grindstone Provincial Park, die Insel Hecla ist über einen Damm erreichbar. Wir sehen allerlei Vögel, darunter Pelikane und natürlich Wildgänse, und vielerlei Kleingetier: Mäuse, einen Dachs, eine Schlange, Rehe. Jetzt kann man natürlich sagen: Rehe sind kein Kleingetier, aber verglichen mit den erhofften Elchen und Bären irgendwie dann doch. Auf der Insel gibt es ein isländisches Dorf, in dem noch viele alte kleine Häuser stehen, die teils noch bewohnt sind. In Arborg, wieder auf dem Festland, gibt es ein sehr eindrucksvolles Museumsdorf. Man hat viele um hundert Jahre alte und von Isländern und Ukrainern bewohnte Häuser im Ganzen hergebracht und vielfach ist auch noch reichlich Inventar vorhanden. Heute klettert das Thermometer auf 22 Grad, kurze Hose und ärmellose Leibchen haben Premiere und erstmals gibt es Abendessen im Freien. Wir übernachten vor Neepawa in einem Park. Ein Hinweisschild warnt vor Bären. Viel gefährlicher dürften aber die vielen Zecken sein, sechs Stück entdecke ich an mir. Einmal kriegen wir Besuch, der Doktor aus dem nächsten Dorf fährt mit seiner Familie mit dem Rad aus. Wir kommen ins Gespräch und werden zu einer Grillparty für Ärzte und Studenten am Mittwoch eingeladen. In zwei Tagen wollen wir aber schon in Saskatchewan sein. Km 457/7.313/105.869.
Dienstag, 28. Mai 19, Tag 24/501, Riding Mountain Provincial Park
So wie gestern schon fahren wir durch eine Landschaft, die mindestens dreimal so flach ist wie das Burgenland. Unendliche Felder prägen das Bild. Alle eineinhalb Kilometer geht genau im rechten Winkel eine Querstraße ab. Würde man eine reinfahren, würde wieder alle 1,5 Kilometer eine Straße queren. Auf der Landkarte sieht das aus wie ein Schachbrett. Wir passieren adrette Städtchen wie Neepawa und Minnedosa. Da gibt es am Stadtrand jeweils mehrere Landwirtschaftsmaschinenhändler, die jeder zumindest 20 riesige Mähdrescher stehen haben und zudem noch Unmengen von Traktoren und sonstigem Gerät. Aus der Ebene erhebt sich nun ein Gebirgsplateau, auf dem sich der Riding Mountain Provincial Park befindet. Auf der Anfahrt läuft uns ein riesiger verschlammter Biber über den Weg und wirft sich schnell in einen Teich neben der Straße. Der Park wird von einer Asphaltstraße durchquert, von der an mehreren Stellen kurze Wanderwege abgehen. Aber die Attraktion befindet sich gleich neben der Straße: eine Bärenmutter und ihr Junges. Erst gestern haben wir das Einmaleins für Bärenbegegnungen nochmals gelesen. Die von der Provinz Yukon in mehreren Sprachen herausgegebene 24-seitige Broschüre macht darauf aufmerksam, dass es wichtig ist, Schwarzbären von Grizzlybären unterscheiden und erkennen zu können, ob sich ein Bär defensiv, offensiv oder gar aggressiv verhält. Unsere zwei Bären sind eindeutig Schwarzbären. Sie fressen Löwenzahn und lassen sich nicht durch uns stören. Erst als noch weitere Autos anhalten (Bärenstau!), verschwinden die beiden im Wald. Auf einem Lehrpfad erfahren wir vieles über den Borealen Nadelwald. Nahe der Einmündungsstelle eines kleinen Baches in einen See befindet sich ein Picknickplatz, an dem wir Halt machen. Uns fallen sofort die vielen bis zu 60 cm langen Fische auf, die vom See kommend den seichten Bach hinaufschwimmen und an Mini-Stromschnellen mit viel Körpereinsatz über Stufen hinaufturnen oder gar springen. Das ist lebensgefährlich, wie man an den einzelnen verendeten Fischen sieht, denn so mancher landet im Trockenen und findet nicht mehr den Weg zurück ins rettende Nass. Wir übernachten (vermutlich nicht ganz legal) auf einer Lichtung im Park. Die Geräuschkulisse ist großartig: Der Wind streicht durch den Wald, ein Bach plätschert, Grillen zirpen, Singvögel trällern durcheinander, dann und wann klopft ein Specht und die Wildgänse schreien. Leider machen mir die Pollen der vielen Birken zu schaffen und es gibt viele Zecken, im Lauf des Tages habe ich sicher zwölf oder 15 an mir gefunden, ich konnte sie aber wegschnipsen, bevor sie angebissen haben. Bei Susi hingegen ist für die Entfernung der meisten die Pinzette nötig. Km 238/7.551/106.107.
Mittwoch, 29. Mai 19, Tag 25/502, Riding Mountain Provincial Park
Im Westlichen Teil des Parks soll es Bisons geben. Auf der rumpeligen Fahrt dorthin fällt plötzlich der Bildschirm der Rückfahrkamera herunter. Die Aufhängung ist abgebrochen. Die Rüttelei zahlt sich aber aus, denn plötzlich steht da ein Bisonbulle in der Prärie herum. Bald entdecken wir weitere und zuletzt eine ganze Bisonherde mit Jungtieren. Die Tiere verlieren gerade das Winterfell. Das ist auch dringend nötig, denn heute ist es so richtig heiß. Wir messen 32 Grad und es ist drückend schwül. Außerhalb des Provincial Parks ist es wieder total eben und den ganzen Tag fahren wir an endlosen Getreidefeldern vorbei. Was früher Prärie war, ist heute die Kornkammer Kanadas. Hier beschäftigen uns weniger die Zecken, obwohl wir immer noch welche im Auto finden, sondern die Mücken. Wenn man zwischen den Feldern kurz stehen bleibt, sitzen sie sofort zu Tausenden überall auf dem Auto, so dass man gar nicht aussteigen mag. An den Bahnlinien stehen Getreidesilos von immensen Dimensionen. Dann und wann sieht man auch noch einen der alten holzvertäfelten Getreidespeicher mit charakteristischem Aussehen, die Grain Elevators genannt werden. In Inglis hat man vier von ihnen sehr schön renoviert, die sehen wir uns natürlich an. In einem Baumarkt kaufe ich einen Eisenwinkel, mit dem ich den Monitor neu aufhängen möchte. Bald passieren wir die Provinzgrenze ...
Saskatchewan MESZ -8 Stunden 2 Einwohner/km2
... und sind in Saskatchewan. Hier ist noch immer alles bretteleben bis auf das Qu'Appelle Valley, ein Einschnitt in die Ebene mit mehreren großen Seen. In Lebret sehen wir uns die hübsche Kirche am See an, die in den Zwanzigerjahren aus Steinen von den Feldern gebaut wurde. Am Abend erreichen wir die Provinzhauptstadt Regina, wo wir nett am mitten in der Stadt gelegenen Lake Wascana übernachten. Es gelingt mir, eine neue Aufhängung für den Monitor zu basteln. Km 449/8.000/106.556.
Donnerstag, 30. Mai 19, Tag 26/503, Regina, 193.000 Ew.
Die Nacht war ziemlich laut, weil Wildgänse anscheinend nicht schlafen. Regina ist eine sympathische, total ruhige und entspannte Stadt. Kein Stau, keine Parkplatzsorgen, in wirklich jeder Straße stehen beidseits Bäume, ein riesiger Park um den See. Wir sehen uns das Parlament an und nehmen an einer interessanten Führung teil, außer uns sind noch zwei Iranerinnen mit dabei. Wir besuchen noch kurz die MacKenzie Art Gallery und sehen uns die dort im Freien ausgestellten Metallskulpturen an. Die Städte hier haben teilweise echt eigenartige Namen: In Moose Jaw (Elchkiefer) fahren wir die Main Street mit ihren schönen Art déco-Gebäuden und den vielen Wandgemälden entlang und sehen uns in ihrer Galerie die hyperrealistischen Bilder von Yvette Moore an. Bei Chaplin fallen uns riesige weiße Halden auf, es ist Glaubersalz, das in Salinen gewonnen wird. In Swift Current (Starke Strömung) sehen wir das Museumsdorf an. Und weil uns schon längere Zeit ein klopfendes Geräusch nervt, suchen wir nach dessen Ursache, doch es ist nichts zu finden. Als wir wieder auf den Highway auffahren, fällt auf einmal wieder der Turbo aus. Da es außerhalb von Orten keinen Schatten gibt (Sagte ich schon, dass es auch heute wieder durch endlose Felder ging? Und sagte ich schon, dass es heute 33 Grad hat?), kehren wir in das Städtchen zurück, wo wir unter einem großen Baum den zerberusschen Fehlerspeicher auslesen. Der Luftmassensensor liefert Werte außerhalb der Norm, weshalb der Motor wieder im Notbetrieb läuft. Ich baue das Teil aus, es ist aber nicht verschmutzt, auch Luftfilter und Drucksensor sehen unauffällig aus. Das Einzige, was ich finde, ist, dass der Luftschlauch zwischen Schnorchel und Luftfilterkasten nicht ordentlich befestigt ist (böser Mechaniker in Toronto!). Ich bringe das in Ordnung, aber der Fehlerspeicher lässt sich nicht löschen, wir werden daher wieder eine Werkstatt brauchen. Also ohne Turbo nach Calgary! Das geht wegen des stürmischen Seitenwinds heute bedeutend langsamer als neulich, mehr als 80 sind nicht drin. Heute ist es schon den ganzen Tag dunstig, aber nun wird es plötzlich nebelig. Das kommt uns bei über 30 Grad komisch vor, es riecht auch eigenartig und die Landschaft sieht irgendwie gespenstisch aus. Wir übernachten neben dem Sportplatz in Maple Creek. Zwei Polizisten, die sich nach unserem Wohlbefinden erkundigen, erzählen, dass von einem weit entfernten Buschbrand so viel Asche in der Luft ist, dass es wie Nebel aussieht. Im Internet sehen wir, dass zirka tausend (!) Kilometer nordwestlich von uns riesige Waldbrände außer Kontrolle sind. Km 413/8.413/106.969.
Freitag, 31. Mai 19, Tag 27/504, Cypress Hills Interprovincial Park
Das Klopfgeräusch, das uns gestern so beschäftigt hat, ist heute wieder weg. Was das wohl war? Heute machen wir einen Ausflug in den Cypress Hills Interprovincial Park, der aus zwei Teilen besteht, die jeweils zirka 600 Meter über der umgebenden Ebene liegen. Im kleineren Teil, Centre Block, befinden sich zwei Aussichtspunkte, die einen herrlichen Blick auf die Prärie der Tiefebene bieten. Die Hochebene ist nur mit Gras bewachsen, während die Hänge von Nadelbäumen, vielfach Zypressen, bestanden sind. Hier ist es auch deutlich kühler als zuletzt, wir haben heute maximal 17 Grad und es ist noch immer diesig. Auf einer ziemlich üblen Piste geht es hinunter in die Spalte zwischen den Hochebenen und drüben hinauf in den Western Block. Hier befindet sich das Fort Walsh, ein Fort von der Sorte, wie man's aus dem Western kennt, mit Palisaden rundherum. Da Susi den steilen Weg zum Fort nicht gehen kann, fährt uns eine Rangerin mit einem Wagen, in dem es sehr nach Hund riecht, hin und zurück. Prompt hab ich auch schon einen Flohbiss. Um nun nicht mehr zurück nach Maple Creek fahren zu müssen, durchfahren wir den Western Block, der mit einem Drittel nach Alberta hinein reicht. Das machen anscheinend nicht viele. Obwohl der Weg gar nicht so schlecht ist, treffen wir auf kein anderes Fahrzeug. Ein Problem ist die Orientierung, da immer wieder Wege abzweigen. Google kann nicht helfen, da es keinen Handyempfang gibt, und die im Handy gespeicherte Offline-Karte zeigt nur eine große weiße Fläche. Wir müssen uns nach der handskizzierten Karte aus dem Parkbüro orientieren. Es geht durch grüne Hügellandschaft und immer wieder vorbei an kleineren Seen. Wir passieren die Provinzgrenze ...