Alberta MESZ -8 Stunden 6,42 Einwohner/km2
Freitag, 31. Mai 19, Tag 27/504, Cypress Hills Interprovincial Park
... und erreichen, ohne dass wir uns verfahren, das West Gate, das auf einer Asphaltstraße von Medicine Hat erreicht wird. In der Stadt, die angeblich nach dem Kopfschmuck eines Medizinmannes benannt ist, ergänzen wir unsere Vorräte und dann geht es weiter westwärts. Hier sichten wir unseren zweiten Elch, ein junges Tier, das ganz schön flott über ein abgemähtes Feld läuft. Km 263/8.676/107.232.
Samstag, 1. Juni 19, Tag 28/505, Waterton Lakes Nationalpark
Auf dem Weg in den an der Grenze zum US-Bundesstaat Montana gelegenen Waterton Lakes Nationalpark passieren wir Lethbridge, wo die Eisenbahn auf einer beeindruckenden Brücke auf Stahlpfeilern das breite Tal des Old Man River Valley überquert. Ab Fort Macleod steigt die Straße stetig an und wir erreichen eine Art Mittelgebirge, hinter dem plötzlich schneebedeckte Gipfel der Rocky Mountains aufragen. Am Nationalparkeingang erstehen wir zwei Tickets und bekommen dazu eine Broschüre über den Park. Der entnehmen wir, dass seit einem verheerenden Waldbrand 2017 der Großteil des Parks für Fahrzeuge gesperrt ist. Da wir nicht die Typen für 30 Kilometer-Wanderungen sind, kommen wir nicht in den Genuss der zwei Hauptsehenswürdigkeiten Red Rock Canyon und Lake Cameron. Schlechte Reiseplanung! Was wir uns ansehen können, ist der Cameron-Wasserfall und das tolle Prince of Wales Hotel, das wie ein Schloss auf einem Hügel über dem Lake Waterton thront. In der Lounge wird von Kellnern im Kilt Tee serviert. Wir bestellen Kaffee und werden mit Verachtung gestraft. Bei der Ausfahrt aus dem Park verkaufen wir unser Ticket an Leute, die reinfahren. Wir zuckeln noch auf der in die USA führenden Straße bis fast zur Grenze, erspähen dabei ein paar Schwarzbären und kehren dann um. Ab nun heißt es nicht mehr "go west", unsere Hauptreiserichtung ist jetzt Norden. Km 363/9.039/107.595.
Sonntag, 2. Juni 19, Tag 29/506, Fort Macleod, Vulcan, Calgary
Die Landschaft ist wieder flach, Felder und Wiesen wechseln sich ab. Es wird viel bewässert, auch die Weideflächen. In Fort Macleod sehen wir uns die historische Main Street und das restaurierte Fort an. Auf halbem Weg nach Calgary machen wir Halt in Vulcan, einer 2.000-Seelen-Gemeinde, die nach dem römischen Feuergott benannt wurde. In den 90er-Jahren hat sich das Dorf zur Star Trek-Hauptstadt Kanadas erklärt und seither treffen sich jährlich Raumschiff Enterprise-Fans aus aller Welt zu den Spock Days. Natürlich gibt es ein Raumschiff und ein Vulkanier-Zentrum, in dem man sich Vulkanier-Ohren oder einen Phaser kaufen kann. In Calgary gibt es eigentlich keine besonderen Sehenswürdigkeiten außer dem in den 60er-Jahren erbauten Calgary Tower, der heute von vielen Hochhäusern überragt wird. Wir begnügen uns mit einem Blick vom auf einem Hügel gelegenen Union Cemetery auf die Skyline. Gleich neben der Mercedes-Werkstätte gibt es einen Walmart, auf dem schon acht oder zehn Wohnmobile stehen. Zum Abendessen gibt es wieder ein leckeres Rindersteak. Rindfleisch ist sehr günstig in Kanada, kostet kaum mehr als Schwein. Wär nicht gleich der Walmart nebenan, müssten wir warmes Bier trinken, denn der Kühlschrank ist ausgefallen. Gott sei dank ist es nur der Schalter, der ist schnell repariert, der Lötkolben wurde nicht umsonst eingepackt. Das Ladegerät des Satellitentelefons hingegen ist irreparabel kaputt, auch kein Malheur, wir haben ein zweites mit und auch die Sicherungen, die seinetwegen durchgebrannt sind, sind rasch ersetzt. Km 335/9.374/107.930.
Montag, 3. Juni 19, Tag 30/507, Drumheller
Bei Mercedes sind sie nicht begeistert, dass wir kommen, ohne einen Termin vereinbart zu haben. Dann erbarmt sich doch einer und hängt den Zerberus an den Diagnosecomputer. Es ist kein Fehler zu finden. Nach einem Reset funktioniert der Turbo wieder und nach ein paar Kilometern ist auch die Motorkontrollleuchte wieder weg. Vermutlich war also doch nur der nicht befestigte Luftschlauch des Schnorchels (böser Mechaniker in Toronto!) Schuld an den Troubles. Wieder mit voller Kraft geht es nach Rosedale, wo wir uns die Hoodoos genannten Sandsteinformationen und die Hängebrücke über den Red Deer River ansehen. Weil in der Region Dinosaurierskelette gefunden wurden, dreht sich in der Kleinstadt Drumheller alles um die Dinos. Sie stehen, naturfarben oder bunt, überall in der Stadt herum. Als besondere Attraktion gibt es hier die weltweit größte Dinosaurierattrappe, 46 Meter lang und 26 Meter hoch. Auch die Straßen sind nach verschiedenen Saurierspezies benannt. Der Red Deer River hat hier einen breiten Canyon gebildet, durch den wir fahren. Einmal führt die Straße zu einem Aussichtspunkt hinauf, dann wieder ins Tal hinunter. Mit einer kostenlosen Seilfähre überqueren wir den Fluss, der kaum doppelt so breit wie die Fähre lang ist. Der Fährmann führt Buch über beförderte Fahrzeuge und Personen. Heute hat er schon sechs Mal übergesetzt. Ein Traumjob! An einem weiteren Aussichtspunkt wollen wir campieren. Wir sitzen eine Weile in der Sonne, doch dann wird der Wind ungemütlich und wir fahren zurück nach Drumheller, wo wir im Stadtpark übernachten. Km 239/9.613/108.169.
Dienstag, 4. Juni 19, Tag 31/508, Kananaskis Country
Wir werfen einen Blick in den nahen Horseshoe Canyon, dann geht es, an Calgary vorbei, direkt auf die Rocky Mountains zu. Kurz vor Canmore biegen wir nach Süden ab in den Kananaskis Country Park, wo es Seen, Wälder und Blick auf schneebedeckte Berge gibt und dazu dann und wann noch ein paar Dickhornschafe. Wegen der vielen Schilder, die auf Bären hinweisen, ist auch auf unseren kurzen Spaziergängen der Bärenspray mit dabei. Auf einer Schotterstraße geht es in einer großen Schleife zurück nach Canmore. Km 403/10.016/108.572.
Mittwoch, 5. Juni 19, Tag 32/509, Banff, Lake Louise. 3/4 der Welt umrundet!
In Banff sehen wir uns zunächst die Hoodoos an, vom Aussichtspunkt hat man einen schönen Blick über das Bow Valley. In der Ferne erhebt sich wie ein Schloss das Fairmont-Hotel aus dem breiten Tal. Den Ort selbst finden wir sehr sympathisch, vielleicht, weil in aller Frühe noch kaum Leute unterwegs sind. In der Hochsaison soll es hier ja nur so wimmeln von Touristen. Wir fahren die Vermilion Lakes entlang und dann geht es schon weiter nach Lake Louise. Hier werden Besucher schon einige Kilometer außerhalb auf einen Parkplatz geleitet, wo schon viele hundert Autos stehen, sogar die Anzahl der Wohnmobile ist garantiert dreistellig. Ein Shuttlebus bringt die Leute zum Lake Louise und weiter zum Moraine Lake. Beide Seen sind ein Wahnsinn! Türkisblaues Wasser, dahinter die Dreitausender, teils von Gletschern bedeckt, in Reih und Glied. Und erstaunlicherweise ist es an den Seen gar nicht einmal so überlaufen, wie man erwartet hätte. Wir setzen uns noch auf ein Getränk in den zu einem stimmungsvollen Restaurant umgebauten Bahnhof von Lake Louise. Neben dem Lokal stehen noch drei Speisewagen der Canadian Pacific Railway, in denen man auch speisen kann. Wir machen nun einen Abstecher zum Rogers Pass in British Columbia, da die Strecke dorthin eine der schönsten Bergstraßen der Welt sein soll. Der Autor unseres Reiseführers muss wohl ein Flachländler sein. Wir Älpler finden die Route zwar durchaus reizvoll, doch da kann schnell einmal ein Alpenpass mithalten. Jenseits des Rogers Passes sehen wir uns den Hemlock Grove Rainforest an und treten dann die Rückfahrt an. Wir übernachten nahe der Passhöhe auf 1.300 Metern. Zwischen Banff und Lake Louise haben wir heute drei Viertel der Erde umrundet! Km 315/10.331/108.887.
Donnerstag, 6. Juni 19, Tag 33/510, Icefields Parkway
Da die Wettervorhersage für morgen einen Wetterumschwung prognostiziert, stehen wir extra früh auf, um im Jasper Nationalpark möglichst viel bei gutem Wetter zu sehen. Die ganze Strecke von Lake Louise bis Jasper ist so spektakulär, dass einem die Superlative fehlen. Die Straße folgt meist einem Fluss, Dreitausender, wohin man blickt, dazwischen Seen, Wasserfälle und überall Wälder. Manche sehen schon herbstlich aus, doch bei näherem Hinsehen erkennt man, dass es sich bei der rotbraunen Färbung nicht um Laubbäume handelt, sondern um tote Nadelbäume. Der Borkenkäfer treibt ganz massiv sein Unwesen, ein Drittel (!) des Nadelwaldes im Park soll bereits befallen sein. Wir halten immer wieder an Seen, Wasserfällen oder Aussichtspunkten. Eine echte Sensation ist der Peyto Lake, auf dessen azurblaue Oberfläche man von einer hoch über dem See gelegenen Aussichtsplattform blickt. Der Athabasca-Gletscher ist weltweit der einzige Gletscher, der mit dem Auto erreichbar ist. Zumindest war das so, als die Straße in den 30er-Jahren gebaut wurde. Mittlerweile hat sich der Gletscher um zwei Kilometer (!) zurückgezogen. Schilder markieren, wie weit die Gletscherzunge in verschiedenen Jahren gereicht hat. Man kann auf einer holprigen Piste etwa einen Kilometer näher fahren, den restlichen Kilometer muss man zu Fuß zurücklegen. Dann steht man vor dem riesigen Eisfeld. Am Abend erreichen wir Jasper, wo wir ein paar Sachen einkaufen. Auf einem Parkplatz stehen schon zehn oder 15 Wohnmobile. Da stellen wir uns dazu. Im Nationalpark darf man nur auf ausgewiesenen Campingplätzen übernachten, aber anscheinend wird es auch hier toleriert. Susi kocht ein leckeres Abendessen, ich schreibe den Reisebericht, wir essen, erledigen den Abwasch und dann bemerken wir, dass wir fast alleine auf dem Parkplatz stehen. Die anderen waren anscheinend in den umliegenden Restaurants und sind nun auf den Campingplatz gefahren. Das müssen wir wohl oder übel auch. Doch der Platz ist voll. Weiter herumsuchen wollen wir nicht, denn es ist schon 21 Uhr. Wir verlassen den Park nach Westen, treffen dabei auf eine Wapiti-Hirschkuh, die am Straßenrand sitzt und Autos zählt, sind nach 20 Kilometern in British Columbia, doch es dauert noch zehn weitere Kilometer, bis es überhaupt eine Möglichkeit gibt, von der Straße runterzukommen. Auf dem abgehenden Weg, der zu einem Campingplatz führen soll, läuft uns gleich ein Schwarzbär über den Weg und das in einem Tempo, dass man es gerne glaubt, dass man vor Bären nicht davonlaufen soll, weil die schneller sind. Der Weg endet bei zwei Häuschen direkt an Bahngleisen, von Campingplatz eher keine Spur. Ein ordentliches Exemplar eines Elkbullen äst und als wir schon am Waldrand zum Übernachten eingeparkt haben, taucht der Bär wieder auf und stopft sich verschiedene Pflanzen in den Mund. Man sieht also, dass man nicht unter Tag Tiere suchen soll, denn da sind kaum welche unterwegs; abends und morgens laufen sie einem einfach so über den Weg. Sehr idyllisch also hier. Bis auf den Bagger und den LKW, die hier herumstehen. Hoffentlich fangen die morgen nicht allzu früh zu lärmen an. Und hoffentlich donnern nicht allzu viele Güterzüge in der Nacht an uns vorbei. Km 497/10.828/109.384.
Freitag, 7. Juni 19, Tag 34/511, Jasper Nationalpark
Wir haben Glück: Als der erste Zug vorbeirattert, ist es ohnehin Zeit zum Aufstehen. Bagger und LKW sind schon weg, die haben wir gar nicht gehört. Dafür schaut der Bär wieder vorbei. Das Wetter ist mies, dunkle Wolken hängen tief und immer wieder nieselt es. Es hat den ganzen Tag nur drei bis sieben Grad. Wir sehen uns die in der Nähe von Jasper gelegenen Patricia und Pyramid Lakes an, in ersterem befindet sich das Wrack eines Flugzeugträgers, was für einen kleinen See, tausende Kilometer vom Meer entfernt, doch irgendwie ungewöhnlich ist. Wer es nicht so recht glauben will, dass die Briten im zweiten Weltkrieg allen Ernstes einen Flugzeugträger aus Sägespänen und Eis bauen wollten, sollte einmal "Project Habbakuk" googeln. Durch viel toten Wald geht es vom Maligne Canyon, der von mehreren Brücken überspannt wird, zum Medicine Lake und weiter zum Maligne Lake. Die beiden je etwa 20 Kilometer langen Seen sollten vor der Kulisse schneebedeckter Berge türkis erstrahlen. Dass sich das nicht ausgeht, wenn von den Bergen kaum was zu sehen ist, versteht sich von selbst. Kurz vor dem Parkausgang befinden sich die Miette Hot Springs, wo wir ein Bad nehmen. Die Gegend ist vom Neuschnee von heute Nacht angezuckert, die Becken befinden sich im Freien und das Thermalwasser hat 38 bzw. 40 Grad. Herrlich! Die Bademeister tragen dicke Jacken, Hauben und Fäustlinge. Daneben gibt es noch zwei kleinere Becken mit 10 und 16 Grad, in denen man es echt nur kurz aushält. Kurz nach der Ausfahrt aus dem Nationalpark biegen wir in die Route 40 ein. Auf dem Wegweiser ist zu lesen: Scenic Route to Alaska. Das ist bemerkenswert, denn bis Alaska sind es noch 3.000 Kilometer. Das wird also ein paar Tage in Anspruch nehmen, wir sind ja im Urlaub und nicht auf der Flucht. Wir übernachten in dem Bergdorf Grande Cache neben einer insolventen Autowaschanlage. Km 418/11.246/109.802. Sonnenuntergang 22.23, Sonnenaufgang 5.26
Samstag, 8. Juni 19, Tag 35/512, Grande Prairie
Weiter geht es durch endlose Nadelwälder und immer wieder vorbei an Ölbohrstellen. Häufig bringen von diesen in den Highway einbiegende LKW reichlich Erde auf die Fahrbahn. Da es immer wieder mal regnet, überziehen vor uns fahrende und entgegenkommende Fahrzeuge den Zerberus mit einer dicken Dreckschicht. Vielleicht weil wir dadurch gut getarnt sind, nehmen zwei über die Straße trottende Grizzlybären keine Notiz von uns, legen sich sogar am Straßenrand nieder. In Grande Prairie ist die Tiefebene nordöstlich der Rocky Mountains erreicht. Der kleine Ort Beaverlodge ringt mit einer großen Biberstatue um Aufmerksamkeit.