1 Ägyptisches Pfund = 0,12 Euro

Auf Ägyptischer Seite ist alles sehr viel komplizierter und bürokratischer. Man darf schließlich nicht vergessen, dass die Ägypter das Papier erfunden haben! Zuerst füllen wir ein Formular mit unseren Daten aus, dann müssen wir Geld wechseln. Da heute Freitag ist und die Bank geschlossen hat, tauscht man auf der Straße. Der Mann, der uns das Geld wechselt, bietet sich auch als Helfer durch die Grenzformalitäten an. Wir handeln einen Preis für seine Hilfe von 50 LE (6,67 EUR) je Fahrzeug aus, eine Ausgabe, die sich jedenfalls lohnt, denn er kennt die vielen Wege, die in einer bestimmten Reihenfolge zu absolvieren sind: Passkontrolle bei der Polizei, Blick ins Auto durch den Zoll, Zollstempel, Registrierung der Fahrgestell- und Motornummer, Kopierbüro, Carnetbüro, Amtskasse, neuerlich Carnetbüro, Versicherungsbüre, Traffic-office, nochmals Carnetbüro, neuerlich Traffic-office, wo uns die Nummernschilder und die Fahrbewilligungen ausgehändigt werden. Am längsten dauert bei uns die Sache mit den Fahrgestell- und Motornummern. Die Nummern werden nämlich von den Stellen, wo sie ins Fahrgestell bzw. in den Motorblock eingestanzt sind, auf ein Formular gerubbelt. Das geht normal ganz schnell, wenn bekannt ist, wo die Nummern sind. Da wir auf die Sache natürlich vorbereitet sind, wissen wir, wo bei unseren Landcruisern die Fahrgestellnummern sind, und dass die Motornummern nicht zugänglich sind. Das glaubt man uns aber nicht und ewig lange suchen der Rubbler und ein Ingenieur vergebens nach den Motornummern. Endlich kommt Plan B: Die Motoren werden verplombt. Bei Ingrid und Gerds Auto ist es gerade anders rum: Die Motornummer ist rasch gefunden, die Fahrgestellnummer unauffindbar. Hier werden gemäß Plan B die letzten Ziffern der Fahrgestellnummer in die B-Säule gestanzt. Ebenfalls sehr lange dauert die Sache mit den Carnets, weil in dem allgemeinen Durcheinander auf den Schreibtischen Papiere verschiedener Fahrzeuge zusammengeheftet werden und ich gegen Ende der Prozedur nochmals an den Start muss. Alles in allem dauert der Grenzübertritt, tunesische Seite miteingerechnet, fünfeinhalb Stunden und kostet 1.260 LE, 168 EUR. Ich lasse mir nun noch von einem Beamten unsere Autonummern in unserer Schrift aufschreiben, schicke sie später unserem Führer ins Gilf per SMS, damit die Bewilligung für das Befahren der libyschen Wüste fertig sind, wenn wir morgen in Siwa eintreffen. Es wird bereits dunkel, als wir von der Grenze wegfahren. Sehr beeindruckend ist der Blick von der Hochebene hinunter auf den Grenzort Solloum, sehr steil und kurvig die Straße. Etwas außerhalb von Solloum wollen wir übernachten. Doch wir haben auf die ägyptische Polizei vergessen, die sich so um uns sorgt, dass sie uns zum Übernachten direkt am Posten bei der Stadtausfahrt in Solloum "einlädt". Km 206/3.071.

Samstag, 1. Dezember 7, Tag 9, Siwa

Gleich in der Früh kündigt uns die Polizei ihre Begleitung an. Bis Marsa Matruh oder gar bis Siwa? Alles unklar. Als wir dann um 7 Uhr starten, ist ohnehin wieder alles anders und wir können alleine fahren. Zwischen Matruh und Siwa kommt uns aber ein Polizeifahrzeug entgegen, das wendet und uns über mehr als 100 Kilometer begleitet. Heute ist es beinahe wolkenlos und die Luft ist sehr klar. Die Landschaft ist bis Siwa total abwechslungslos, einfach nur eben. Erst zu Mittag, ganz kurz vor Siwa, als wir in die Depression hinunterfahren, wird es anders, direkt spektakulär: Zeugen- und Tafelberge säumen den Geländeabbruch. Hier wird auch in großen Mengen Kalkstein abgebaut, Muschelzeichnungen in den herumliegenden Steinen bezeugen den fossilen Ursprung. Innerhalb der Depression erheben sich aus einem Gemisch von braunen Häusern und grünen Palmenhainen mehrere Berge. Sofort finden wir das Hotel Arouz, das als Treffpunkt mit unserem Führer für die nächsten Tage vereinbart ist. Da er noch nicht da ist, rufen wir ihn an und innerhalb weniger Minuten fährt er vor, mit einem weißen Buschtaxi versteht sich. Hat sogar dasselbe Baujahr wie unsere! Unser Führer heißt Mahmoud und wir finden ihn sofort sehr sympathisch. Beim Mittagessen besprechen wir unsere weiteren Pläne. Wir besichtigen die sehr eindrucksvolle und auf einem Hügel gelegene Altstadt, von der man einen recht schönen Blick auf die Oase hat. Der Orakeltempel hingegen ist wenig spektakulär. Wir besuchen auch das Kleopatrabad, eine warme Quelle, in der man schwimmen kann. Als wir die Autos aufgetankt, Luft abgelassen und den vorgeschriebenen Militäroffizier aufgenommen haben, ist es schon dunkel und wir fahren nur ein kurzes Stück hinaus in die Sandwüste, wo wir campieren. Mahmoud kocht Gemüsesuppe, die ausgezeichnet schmeckt, und serviert Obst als Nachtisch. Besonders schmecken uns die Guavas, grüne birnenförmige Früchte. Diesel in Ägypten 0,75 LE = 0,10 EUR. Km 505/3.576.

Sonntag, 2. Dezember 7, Tag 10, Great Sandsea

Nun geht es nach Süden, hinein in die Große Sandsee. Wir fühlen uns sofort wieder "daheim" und genießen die Fahrt zwischen den Nord-Süd verlaufenden Dünenzügen. Es sind mehrere sehr steile und teils auch lange Dünenabfahrten zu bewältigen. Außer der tollen Landschaft gibt es nicht viel zu sehen, nur die "russische Quelle", die wir zu Mittag erreichen, und das Wrack eines LKW aus dem zweiten Weltkrieg. Die abgestürzte Messerschmidt nahe der russischen Quelle finden wir nicht an den von einem Bekannten erhaltenen Koordinaten. Kurz vor der weißen Wüste übernachten wir in einer Dünensenke. Ganzen Tag war es heute klar, auch in der Nacht verdeckt keine Wolke den Sternenhimmel. Leider müssen wir heute feststellen, dass unser Satellitentelefon kaputt ist. Wir können daher nicht mehr täglich eine Nachricht auf den Ticker der Homepage schicken. Das geht nur mehr, wo ein GSM-Netz verfügbar ist, mit unserem normalen Handy, also in den größeren Oasen, nicht jedoch während unseres Ausflugs ins Gilf Kebir. Ein weiters Problem sorgt mich: Unser Notebook lässt sich weder laden noch mit dem 12-Volt- noch mit dem 230-Volt-Netzgerät und Spannungswandler betreiben. Ich lasse es probeweise über Nacht am Ladegerät.  Km 387/3.963.

Montag, 3. Dezember 7, Tag 11, Weiße Wüste

Leider hat es nicht geklappt: Der Notebook-Akku ist leer. Ich darf es heute bei Ingrid und Gerds Spannungswandler probieren. Heute durchfahren wir die weiße Wüste. Schon der westliche Teil ist wunderschön. Unzählige erodierende Tafel- und Kegelberge prägen das Bild. Wir besichtigen die El Obayed-Cave, eine in einem Felsenberg gelegene Höhle, in der es aufgrund ihres Verlaufes vom Eingang nach oben sehr warm, beinahe heiß ist. An einer Wand im Inneren finden sich die berühmten Zeichnungen von Händen. Wir queren nun die Oasenstraße und fahren durch die östliche weiße Wüste. Hier gibt es unzählige weiße Felssäulen und -pilze. Am Nachmittag benötigen wir weit über eine Stunde an der Tankstelle in Farafra. Wir füllen unsere Dieseltanks auf, Mahmoud füllt zusätzlich zu seinen Vorräten noch 600 Liter Diesel für uns in Fässer und Kanister. Nun tanken wir noch Wasser auf und geben wieder Straßendruck in die Reifen. Gegen Abend springen wir noch in eine heiße Quelle am Westrand von Farafra, dann starten wir auf der Asphaltstraße nach Süden, wo wir in der Nähe von Abu Minqar abseits der Straße übernachten. Mein Notebook hat nun wieder Saft und so können wir morgen in Dakhla wieder ein paar Bilder hochladen.  Km 231/4.194.

Dienstag, 4. Dezember 7, Tag 12, Dakhla

Rasch geht es auf der Asphaltstraße von Abu Minqar nach Dakhla. In El Qasr sehen wir uns die sehr schöne Altstadt an. Der Turm der Moschee und einige weitere Gebäude sind sehr gut erhalten. Die Straße biegt nun nach Süden und führt zwischen fruchtbaren Oasengärten nach Mut, dem Hauptort der Dakhla-Oasen. Hier tanken wir nochmal unsere Fahrzeuge auf, ergänzen unsere Vorräte und essen zu Mittag. Danach starten wir unseren Ausflug ins Gilf Kebir. Auch wenn uns dazu nur mehr eine Woche zur Verfügung steht, und wir nur einige Highlights anfahren können, wird es sich lohnen, denn gerade in der Wüste gilt für uns, dass der Weg das Ziel ist. Zunächst folgen wir ca. 100 Kilometer der Asphaltstraße nach East Uweinat, von der aus sich mehrmals grandiose Ausblicke auf Gruppen von Kegelbergen inmitten von rötlichen Sandflächen auftun. Neben einem dieser Kegel lagern wir, es ist aber ungemütlich windig und wir verziehen uns bald in die Fahrzeuge. Km 337/4.531.

 

Mittwoch, 5. Dezember 7, Tag 13, Abu Ballas

Weiter geht es Richtung Südwesten durch wunderschöne Saharalandschaften, zunächst entlang eines Felsabbruchs, vorbei an Kegelbergen, dann wieder durch weite Sandebenen. An der Gedenktafel an Samir Lama (N24 26.453 E28 32.934) machen wir kurz Rast. In Abu Ballas wurden einst am Fuß eines Kegelberges zahlreiche 5- bis 6.000 Jahre alte Tonkrüge gefunden, Gefäße eines Wasserdepots. Heute ist kein einziger Krug mehr ganz; nur mehr Scherben zeugen von diesem Fund. Vor zehn Jahren sollen noch komplette Gefäße vorhanden gewesen sein. Mud Pan nennt sich ein Areal mit hunderten haifischflossenförmigen Sandsteinfelsen, die aus einem ausgetrockneten See entstanden sein sollen, und das wir am Nachmittag erreichen (N24 15.021 E27 28.165). Kurz bevor wir unser Nachtlager aufschlagen, verstopft sich unser Dieselvorfilter von einer Sekunde auf die andere. Während ich das Ding wechsle, entsteht eine Diskussion über dessen Notwendigkeit, Sinnhaftigkeit oder sogar Unsinn. Unser Führer Mahmoud bietet an, wieder für alle zu kochen, was wir gerne annehmen, hat er doch schon zweimal aus einfachsten Zutaten leckere Gerichte gezaubert. Weil es sehr windig ist, kocht er zwischen Treibstoffkanistern als Windschutz. Das sieht sehr gefährlich aus, ist es aber nicht, denn alle unsere Fahrzeuge haben Dieselmotoren und in keinem Kanister ist Benzin drin. Heute gibt es gebacken Karfiol, der uns allen sehr gut schmeckt. Km 319/4.850.

 

Donnerstag, 6. Dezember 7, Tag 14, Gilf Kebir

Endlich ist das Gilf Kebir in Sicht! Zugegebenermaßen sieht das Gebirgsplateau aus der Ferne nicht sehr beeindruckend aus, ein schmales dunkles Band am Horizont. Wir kommen näher und fahren an der Ostseite seines südlichen Anteils nach Norden um in einem großen Bogen in die Spalte zwischen Nord- und Südteil zu gelangen. Die Landschaft ist unbeschreiblich toll! Obwohl es immer wieder sehr sandig ist, ist die Strecke sehr einfach zu befahren. Mahmoud kennt sich sehr gut aus hier und umfährt mit großer Sicherheit Hindernisse wie Weichsand oder schwer passierbare Dünen. Schließlich gelangen wir auf das Plateau selbst, das sich ca. 150 Meter über die Wüste rundum erhebt, und fahren über den Aquaba-Pass, eine eindruckvolle Schlucht, auf die Westseite des Gilfs hinab. Die Schlucht eignet sich als Nachtplatz, denn es halbwegs windstill. Wir haben wieder viel Spaß mit unserem Führer. Auch unser Militäroffizier ist ein wenig aufgetaut. Hat er die ersten Tage kein Wort gesprochen und praktisch Tag und Nacht geschlafen, so gelangt heute erstmals ein Lächeln auf seine Lippen.  Er hat jedenfalls sichtbar keine Freude an seinem Kommando. Ganz anders Mahmoud, dem es wie uns großen Spaß macht, durch die Wüste zu fahren. Am Abend setzt sich die Serie der Pannen mit unseren elektronischen Geräten fort: Unsere kleine Digitalkamera gibt ihren Geist auf. Vermutlich blockiert ein Sandkorn das Zoomobjektiv, so dass sich das Gerät nach dem Einschalten sofort wieder ausschaltet. Km 287/5.137.

Freitag, 7. Dezember 7, Tag 15, Schwimmer in der Wüste 

Nach kurzer Fahrt melden Ingrid und Gerd einen Patschen über Funk. Der Reifen sieht ziemlich übel aus, Gerd ist anscheinend schon längere Zeit mit dem Platten gefahren, ohne es zu bemerken. An Flicken ist nicht mehr zu denken, nur mehr an Wegwerfen. Während des Reifenwechselns bemerken wir, dass ein weiterer Reifen am selben Auto Druck verloren hat. Da der Mercedes nur ein Reserverad mithat und die Landcruiser-Felgen nicht passen, breitet sich Unruhe in der Gruppe aus und manche möchten auf der Stelle umdrehen, obwohl wir bei einer sofortigen Umkehr nach Dakhla noch ca. 700 Kilometer zu fahren hätten gegenüber ca. 800 Kilometern bei Weiterfahrt nach Plan. Mahmoud bestellt gleich zwei neue Reifen aus Kairo, die in drei Tagen in Dakhla sein sollten. Er versucht zu beruhigen: Den einen Reifen wechseln wir, den zweiten könnten wir reparieren, bei weiteren Patschen könnten wir einen Schlauch einziehen oder die Landcruiser-Reifen auf eine  Merzedes-Felge ummontieren. Wir fahren also weiter ins Wadi Sura, um die berühmte Höhle der Schwimmer zu besichtigen. Auf dem Weg dort hin passieren wir Three Castles, das Mahmoud "Pebbles Island" nennt, wo noch Reste eines englischen Lagers aus dem 2. Weltkrieg zu sehen sind. Sugar Loafs nennen sich mehrere solitäre Felsformationen, die an den Zuckerhut von Rio erinnern. Im Wadi Sura machen wir Mittagsrast. Während Mahmoud kocht, besichtigen wir die beiden Höhlen, eigentlich sind es eher Felsüberhänge mit Felsmalereien. Die Schwimmer sind winzige Figürchen, die angeblich dokumentieren, dass hier vor tausenden von Jahren soviel Wasser war, dass die Menschen schwimmen konnten. Die Malereien sind schon sehr beeindruckend, aber dürftig im Vergleich zu dem, was noch vor einigen Jahrzehnten hier zu sehen war. Die Malereien haben sehr darunter gelitten, dass sie vielfach mit Wasser befeuchtet wurden, damit sie auf Fotos besseren Kontrast geben. Nach etwa zehn Kilometern erreichen wir die Foggini-Cave, eine erst 2002 entdeckte "Höhle", eigentlich wieder ein Felsüberhang, übersät von hunderten Darstellungen von Menschen, Tieren und Händen, vielleicht 5.000 Jahre title, teils in nie gesehener Detailtreue, begleitet von einigen wenigen Felsgravuren. Diese Fundstätte ist beeindruckender als alles, was wir an Felsmalereien in der Sahara bisher gesehen haben, sowohl quantitativ als auch qualitativ! Ich sitze da und kann mich gar nicht sattsehen. Wahnsinn!

Der eine Reifen am Mercedes, den wir unter Beobachtung hatten, hat bis zum Abend nicht weiter Luft verloren. Km 77/5.215.

Samstag, 8. Dezember 7, Tag 16, Flugplatz in der Wüste

Nach einem Motorölwechsel bei Mahmouds Toyota - er wechselt alle 1.000 Kilometer! - geht es nun also langsam zurück Richtung Dakhla. Dazu bieten sich zwei Wege an, der eine führt um die Südspitze des Gilf Kebir herum, vorbei an einem der Treibstoffdepots unseres Führers Mahmoud. Da wir durch unsere nun stark verkürzte Route keinen Diesel aus dem Depot benötigen, fahren wir den anderen, kürzeren, durch das Wadi Wasa, praktisch durch das Gilf hindurch. Da auf der Zufahrt ins Wadi Wasa möglicherweise noch Minen liegen, fahren wir streng hintereinander in bereits vorhandenen Spuren, die sich hier zu einer Piste gebündelt haben. Mittagsrast halten wir an der Show-Cave, einer Höhle mit Malereien von Rindern. Nachdem wir das Gilf hinter uns gelassen haben, geht es nun Richtung Ost-Süd-Ost. In großen Mengen liegen Benzinkanister aus dem 2. Weltkrieg verstreut herum. Wir passieren Eight Bells, einen Flugplatz der Engländer, benannt nach acht glockenförmigen Hügeln in der Nähe. Auch nach mehr als 60 Jahren ist noch immer der aus sandgefüllten Benzinkanistern ausgelegte Schriftzug "8 BELLS" und ein großer Richtungspfeil sichtbar. In nur gut 30 Kilometer von der sudanesischen Grenze schlagen wir unser Nachtlager auf. Doch kurz zuvor gibt es noch Aufregung: Wie oft ist Mahmoud weit vorausgefahren und außer Sicht. Wir folgen seiner Spur, die er deutlich hinterlassen hat. An einer Stelle komme ich mit meinem Wagen dem Kamm einer Sicheldüne recht nahe, kann aber mein Fahrzeug noch rechtzeitig weglenken, bevor ich zu nahe an die weiche Stelle der Düne komme. Gerd gelingt das nicht, er entscheidet sich für die Abfahrt über die Steilfläche der Düne. Helmut, der als Nächster kommt, leitet eine Vollbremsung ein und bleibt im weichen Sand oben auf der Düne stecken. Er ruft per Funk um Hilfe und wir haben ihn im Nu herausgeschoben. Erst dann sehen wir an den Spuren von Gerds Wagen, welch abenteuerliches Manöver er hinter sich hat. Auch wenn die Düne sehr klein ist, hat nicht viel gefehlt, und das Auto wäre zum LIegen gekommen. Ingrid und Gerd zittern noch die Knie. Sie haben großes Glück gehabt. Erst auf der Weiterfahrt zum nahen Nachtplatz, wo bereits Mahmoud und Peter warten, merkt Gerd, dass sein Wagen komische Geräusche von sich gibt. Nach einiger Zeit findet Mahmoud die vermeintliche Ursache: Der Querlenker ist verbogen. Es gelingt, das Teil mit mehreren Wagenhebern auszubiegen, aber das Geräusch ist noch immer vorhanden. Der heftige Aufschlag nach der Dünchenabfahrt hat den Sitz einer Spiralfeder verschoben, die nun irgendwo scheuert. Die Reparatur dauert lange, aber nach gut zwei Stunden feiern wir bei einer Portion "Katastrophenfutter" deren Gelingen. Km 348/5.563.  

Sonntag, 9. Dezember 7, Tag 17, Selima Sand Sheet

Von nun an geht es Richtung Nordosten, weiter auf den unendlichen Sandflächen des Selima-Sand-Sheet. Als wir zu Mittag die Asphaltstraße von East Uweinat nach Dakhla erreichen, hören wir ein zumindest zweistimmiges erleichtertes "Endlich". Susi und ich finden es sehr schade, dass der Ausflug ins Gilf Kebir schon aus ist. Es hätte noch viel zu entdecken gegeben. Da uns auch die bisher gesehenen Oasen sehr gefallen haben, ist ohnehin ein Wiederkommen vorprogrammiert. Wir haben übrigens seit Verlassen der Asphaltstraße vor 5 Tagen außer einer Reisegruppe keine Menschenseele getroffen und außer einem Fennek, einigen Schmetterlingen und mehreren Heuschrecken keine Tiere. Hier wächst nichts, es gibt keinen Grashalm, keinen Busch, keinen Baum, daher keine Kamele, keine Ziegen, nichts. Km 448/.6.011.

Montag, 10. Dezember 7, Tag 18: Hektik

Gleich in der Früh fahren wir in die Oase Dakhla, tanken unsere Autos auf, kaufen Obst und Brot ein. Während die anderen in der heißen Quelle ein Bad nehmen, gehen Susi und ich in ein Internet-Cafe. Hier können wir endlich unser Notebook an eine ADSL-Leitung anstöpseln. Da flutschen jede Menge Mails herein. Unter anderem eines von Herrn Salah von der Nile-Transport-Company in Assuan: Wegen "holidays" an den Häfen verkehren ab dem 18. Dezember für 5 Tage keine Fähren. Wir müssen  am 12. Dezember in Assuan sein, um die letzte Fähre vor den holidays zu erwischen. Das bringt echt Schwierigkeiten. Wir können zwar locker bis übermorgen Abend in Assuan sein, wenn wir gleich wegfahren, doch die Reifen für den Mercedes kommen inshallah erst heute spät am Abend und werden erst morgen Früh montiert. Ingrid und Gerd wollten nach der anstrengenden Wüstenfahrerei außerdem das Reisetempo ein wenig verlangsamen. Sie wollen daher eher erst nach den holidays in den Sudan. Ingrids Flug von Assuan nach Wien ist erst für 15. gebucht. Damit sie nicht zwei oder drei Tage ohne Peter in Assuan verbringen muss, wollen auch die beiden und Helmut an eine Fähre vor den holidays nur dann denken, wenn sich der Flug umbuchen lässt. Bei Susi und mir sieht das ein wenig anders aus: Im Gegensatz zu unseren Reisepartnern, die ja alle im Ruhestand sind, haben wir nicht unbeschränkt Zeit. Wir können uns eine Verzögerung von einer Woche oder länger (nach den holidays wird großer Andrang bestehen, vielleicht kämen wir nicht auf die erste Fähre) nicht leisten und müssen uns daher von der Gruppe trennen. Nach dem Mittagessen in einem netten Restaurant müssen wir uns nicht nur, wie geplant von Mahmoud, sondern auch von unseren Reisefreunden verabschieden. Wer weiß, ob es denn auch klappt, dass wir die Fähre erreichen und wir sehen uns früher, als gedacht. Wir verlassen Dakhla Richtung Kharga. Da wir gehört haben, dass man von Kharga manchmal nur in Polizeibegleitung nach Luxor fahren darf und dann die Chance groß ist, im Polizeikonvoi nach Assuan fahren zu müssen, noch dazu unterwegs hören, dass das derzeit so ist, umfahren wir den Polizeiposten in Kharga auf einem Schleichweg, den wir uns schon zu Hause mit Google Earth gesucht haben. Das funktioniert bestens, die Koordinaten stimmen bis auf wenige Meter und nach 20 Kilometern nicht allzu schlechter Piste sind wir schon wieder auf der Straße Richtung Baris, ohne einen Polizisten gesehen zu haben. Auf dieser Abkürzung begleiten uns Bahngleise. Susis Frage, wie oft hier wohl ein Zug fährt, ist rasch beantwortet (siehe Foto). Wir halten nach Einbruch der Dunkelheit kurz vor Baris und wollen gleich bei Sonnenaufgang wieder abfahren. Km 272/6.283.

Dienstag, 11. Dezember 7, Tag 19, Enttäuschung in Assuan

Um 5.15 bimmelt der Wecker, es ist oberschweinekalt und wir starten zum ersten Mal unsere Standheizung. Doch die funktioniert nicht und schaltet sich gleich wieder ab. Wir fahren ohne Frühstück weg, das heißt: wollen wir. Geht aber nicht, denn unser Auto will nicht fahren. Jetzt ist uns auch alles klar: Der Diesel ist ausgeflockt. Wir lassen den Motor eine Weile am Stand laufen und dann geht's langsam. Als es um 6 Uhr dämmert, sind wir schon unterwegs. Auf der Straße Kharga-Luxor gibt es etwa fünf Polizeiposten, an jedem werden wir nach unserer Nationalität und nach der Anzahl der Personen im Auto gefragt, an manchen zudem nach unserem Ziel, das wir mit Luxor angeben. Ca. 40 Kilometer vor Luxor biegen wir auf die nilferne Straße nach Assuan ab und sollten hier freie Fahrt haben. Ohne Kontrollen und vor allem ohne Konvoi. Obwohl wir wider Erwarten an einer Kontrolle kurz vor dem Abzweig nach Edfu 20 Minuten warten müssen, sind wir um kurz nach 11 in Assuan. Unser erster Weg führt uns zum Campingplatz "Adams Home" (N24 10.153 E32 51.969), wo wir hoffen, dass uns der Besitzer sagen kann, wo die Nile Transportation Company und die Sudanesische Botschaft sind. Doch der Boss ist ausgeflogen, kommt erst am Nachmittag wieder. Wir fahren daher gleich über die Nilbrücke ins Zentrum von Assuan und finden sehr rasch die Fährgesellschaft (N24 05.948 E32 53.983, Tel. (02)0183160926). Herr Salah begrüßt mich freundlich und meint, es sei kein Problem, unsere Autos noch vor den Holidays zu verschiffen, auch wenn die anderen erst morgen kämen. Aber zuerst müssen wir die Visa für den Sudan besorgen. Die Botschaft ist schnell gefunden (N24 06.337 E32 54.177), doch hier gibt es schlechte Nachrichten: Der "Manager" ist auch on holiday und kommt erst am Samstag wieder. Da sollten wir in der Früh kommen und die Visaanträge ausfüllen, die dann nach Karthoum geschickt werden und in ein bis zwei Tagen genehmigt (oder auch nicht?) zurückkommen. Da hilft auch kein Rütteln. Ohne Manager geht das nicht. Also zurück zu Mr. Salah, mit dem ich nun Plan C entwickle: Die Autos werden am 22. auf einem eigenen Ponton verschifft (trotz holidays!), wir Passagiere fahren mit der Personenfähre am 24. Dezember. Er empfiehlt uns, die Visa in Kairo zu besorgen, denn wenn wir sie nicht in Assuan kriegen, ist wegen der holidays keine Zeit mehr, nach Kairo zu fliegen. Wir werden das morgen gemeinsam entscheiden. Am Nachmittag suchen wir noch wie verrückt nach einem Internetcafe und einem Elektronikgeschäft. Hier krieg ich endlich einen Card-Reader, doch der funktioniert nicht. Im zweiten Geschäft probiere ich mehrere Geräte aus, erst der dritte Card-Reader funktioniert. Nun kriegen wir endlich die Bilder von der Spiegelreflexkamera ins Notebook! Auf dem Weg zurück zum Auto ist es schon dunkel. Mehrfach werden wir von aufdringlichen Straßenhändlern angesprochen, deren T-Shirts, Wasserpfeifen, Pharaonenstatuen etc. zu kaufen. Ein Papyrushändler ist besonders aufdringlich, kommt mir sehr nahe und öffnet unter den Papyrusblättern, die er in der einen Hand hält, den Reissverschluß meiner Gürteltasche. Als ich das merke, hau ich ihm eine runter, worauf er so verdutzt ist, dass er nicht einmal wegläuft, sondern einfach stehenbleibt. Gott sei Dank fehlt nichts aus der Tasche. Zum Übernachten ziehen wir die Pampas dem Campingplatz vor. Km 477/6.760.

 

Mittwoch, 12. Dezember 7, Tag 20, 2. Tag in Assuan

Heute schlafen wir aus und frühstücken in der Morgensonne. Echt gemütlich. Dann düsen wir wieder in die Stadt und verbringen den Vormittag im Internetcafe. Wir versuchen, die sudanesische Botschaft in Kairo anzurufen, doch da läuft nur ein Tonband. Hier hilft uns sehr freundlich die österreichische Botschaft in Kairo, der wir unser Anliegen schildern. Eine Stunde später kriegen wir schon einen Rückruf. Leider keine guten Nachrichten: Zur Beantragung des Visums müssten alle persönlich erscheinen, auch hier dauert es einen oder zwei Tage. Dass einer von uns mit allen Pässen nach Kairo fliegt, ist also keine Lösung. Zu Mittag kommt ein SMS von Helmut. Unsere Gefährten sind bei Edfu und kommen am Nachmittag. Wir fahren daher zum Campingplatz, den wir als Treffpunkt vereinbart haben. Erst am Abend treffen unsere Freunde ein. Als wir ihnen die Situation schildern, hören wir erstmals Stimmen vom Umdrehen und nach Hause fahren. Den gestern gekauften Card-Reader hab ich zwar im Geschäft ausprobiert und dort hat er auch funktioniert, heute macht er jedoch die Speicherkarte unserer Kamera unleserlich und ich muss sie neu formatieren. Ca. 20 Bilder, die ich noch nicht gesichert hatte, sind weg. Von nun an werde ich die Speicherkarte im Internetcafe auslesen.  Km 66/6.826.

Donnerstag, 13. Dezember 7, Tag 21, 3. Tag in Assuan

Da niemand genau weiß, welche Behörden wann on holiday sind, fahren wir zur Traffic Police (N24 05.020 E32 54.477), um zu erfragen, wann die letzte Möglichkeit besteht, unsere Autos abzumelden. Denn wenn wir die Autos abmelden müssen, bevor wir das Sudan-Visum haben, sitzen wir in der Klemme, falls wir das Visum nicht bekommen sollten. Wir erfahren erstens, dass der letzte Tag zur Abmeldung der Montag ist, und zweitens, dass man vorher noch auf ein anderes Amt muss. Man gibt uns einen Zettel mit arabischem Gekritzel drauf mit, kann uns aber nicht erklären, wo das ist. Während die anderen mit Ingrid und Gerd in eine Autowerkstatt fahren, - hab ich eigentlich schon erwähnt, dass des Mercedes' Turbo eingegangen ist? - und der anderen Ingrids Rückflug bestätigen lassen, suchen wir ein Internet-Cafe auf, essen gefüllte Fladenbrottaschen zu Mittag und machen uns schließlich auf die Suche nach der geheimnisvollen Adresse. Nach vielfachem Nachfragen landen wir bei einem unscheinbaren Wohnblock an der Peripherie (N24 03.708 E32 53.178). Nur ein bewaffneter Soldet im Stiegenhaus und eine für uns unleserliche Tafel über der Tür sind Hinweise, dass hier eine offizielle Stelle unterbegracht ist. Im Büro im ersten Stock erfahre ich zwar nicht, was hier eigentlich gemacht wird, aber immerhin, dass nur am Freitag zu ist, sonst immer offen und von holidays weiß der Beamte gar nichts. Hier werden wir inshallah am Sonntag oder Montag wieder herkommen, falls wir das Visum erhalten haben werden. Nun sehen wir uns noch zwei günstige Hotels an, die wir im Internet ausgesucht haben, denn wir werden ja, falls alles klappt, zwei Tage ohne Auto in Assuan verbringen müssen. Das Memmnon-Hotel wird im Internet um 4,92 Euro pro Person und Nacht angeboten, der Preis an der Rezeption ist mit 80 LE = 5,33 EUR fast ident. Die Zimmer sind einfach, aber sauber, Frühstück ist inbegriffen. Das fast Gegenüber gelegene 4* Isis-Hotel ist im Internet um 18,50 EUR buchbar, an der Rezeption will man 40 USD = 27,60 EUR. Während man im Memmnon-Hotel außer schlafen und frühstücken nichts tun kann, ist im Isis mit Garten am Nil, Swimmingpool etc. Kurzweile inkludiert. Eine Entscheidung kommt ohnehin erst in Frage, nachdem wir die Visa bekommen haben. Den Abend verbringen wir lesend und auf unsere Freunde wartend am vereinbarten Übernachtungsplatz außerhalb von Assuan. Doch sie kommen nicht. Habe ich ihnen die falschen Koordinaten gegeben? Sind sie etwa schon nach Hause gefahren? Km 68/6.894. 

Freitag, 14. Dezember 7, Tag 22, 4. Tag in Assuan

Unsere Freunde haben den ganzen gestrigen Tag in Autowerkstätten verbracht, bis tief in die Nacht hinein. Im Dunklen wollen sie dann nicht ins Gelände fahren. Wir haben sie heute bei Adam gefunden. Heute geschieht nicht viel, wir kleben ein Loch im Tankdeckel zu, schneiden die zu große Sonnenfolie für die Windschutzscheibe zu, lassen unser Klappstockerl reparieren, unsere Türscharniere fetten, sitzen eine Stunde im Internetcafe, reparieren einen Sessel. Am Nachmittag sitzen wir eine Weile am Nilufer. Hier lernen wir ein nettes Schweizer Pärchen kennen, das auch in den Sudan will. Am Abend verabschieden wir uns von Ingrid, die morgen in aller Frühe über Kairo nach Wien fliegt. Km 102/6.996.

Dass wir in Assuan festsitzen, hat folgende Gründe:

Zuerst ist der "Manager" der Sudanesischen Botschaft auf Urlaub und ohne ihn werden nicht einmal Visumanträge angenommen.

Die Erteilung des Sudan-Visums erfolgt nicht, wie versprochen, innerhalb von 20 Minuten, sondern dauert mehrere Tage.

Mitten in diese Wartezeit fällt das islamische Opferfest, das alle Ämter und Behörden für fünf Tage lähmt.

Für das Scheitern unserer B-Pläne ist im Wesentlichen auch das Opferfest verantwortlich.

Nach Kairo fahren: auch dort ist die Botschaft zu.

Flug nach Wien: sinnlos, auch dort Botschaft geschlossen.

alternative Reiserouten suchen, die den Sudan umgehen: geografisch praktisch unmöglich, ginge nur via Saudi-Arabien. Doch hier Visum schwer zu kriegen, schon gar nicht während des Opferfestes. Sicherheit in Eritrea und Somalia momentan zumindest fraglich. Keine Informationen über Djibuti erhältlich.

Verschiffung durchs Rote Meer. Während der Feiertage nicht mal Informationen zu kriegen, von welchen Häfen aus eine Verschiffung möglich sein könnte, geschweige denn eine Verschiffung selbst.

Langsam wird die Zeit bis Nairobi knapp. Wir könnten

weiter in Assuan auf das Visum warten, hoffen, dass wir einen Fährplatz kriegen und dann rallyeartig nach Nairobi fahren.

nach Ablauf des Opferfestes doch noch nach Kairo fahren (Schlafwagen) oder fliegen und dort das Visum beantragen. Auch dort kann es einige Tage dauern. Auch in diesem Fall ist der Fährplatz nicht garantiert, die Raserei ab Wadi Halfa hingegen schon.

nur bis in den Sudan oder Äthiopien fahren, dort das Auto einstellen und heimfliegen. Wir wissen aber derzeit nicht viel über die entsprechenden Zollbestimmungen dieser Länder. Auch kennen wir momentan keine sicheren Einstellplätze.

das Auto in Ägypten stehenlassen und heimfliegen. Angeblich darf man das Auto nur 3 Monate im Land lassen. Einen sicheren Einstellplatz zu finden dürfte aber nicht so schwierig sein.

das Auto nach Mombasa verschiffen. Da unser Toyo nicht in einen Container passt, ginge das nur, wenn wir den Transport begleiten können. Dafür reicht aber die Zeit wohl nicht.

das Auto von Kairo nach Nairobi fliegen lassen. Vermutlich unerschwinglich.

doch noch zurückfahren. Für das neuerliche Visum und den Begleiter in Libyen, sowie für die Fähre nach Genua entstehen beachtliche Kosten, vor allem unter dem Aspekt, dass uns diese Lösung unserem Ziel Namibia nicht näher bringt, sondern uns entfernt.

Samstag, 15. Dezember 7, Tag 23, 5. Tag in Assuan

Heute ist der große Tag, an dem wir endlich unsere Visa beantragen dürfen. Um 9 sollen wir auf der sudanesischen Botschaft sein. Wir sind sicherheitshalber schon eine halbe Stunde zuvor da, müssen aber bis halb 11 warten, bis endlich der Konsul kommt. Erst dann werden uns die Antragsformulare ausgehändigt. Von jedem wollen sie dann noch 4 (!) Fotos, aber bitte keine auf Billigpapier selbst ausgedruckte, und dann heißt's wieder warten, bis die Anträge geprüft sind. Kurz vor 13 Uhr werden wir entlassen mit dem Hinweis in zwei Tagen mal nachzufragen. Nun informieren wir noch Mr. Salah davon, dass unsere Anträge akzeptiert wurden, sitzen dabei nochmals eine Stunde in seinem Büro herum. Er verschiebt übrigens die Verschiffung unserer Autos auf den 23. Dezbemer, was uns nicht ungelegen kommt, denn dann sind die Fahrzeuge nicht einen Tag vor uns in Wadi Halfa und dort ohne Aufsicht. Eine Gruppe Italiener, die heute mit uns die Visa beantragt hat, aber schon einige Tage länger als wir wartet, vertröstet er auf den 30. Dezember, und, falls es da nicht klappt, auf den 4. Februar (!). Als wir am Nachmittag wieder am Nilufer sitzen, halten die beiden Neuseeländer, die wir bereits aus Libyen kennen. Denen hat Mr. Salah, ebenso wie den Schweizern die Überfahrt mit uns versprochen. Ob wirklich sechs Autos auf den Ponton gehen? Wir übernachten mal wieder bei Adam, wo spät am Abend noch drei Südafrikaner eintreffen, die auch in den Sudan wollen. Alle außer den Italienern und uns verfügen bereits über Visa. Susi hat übrigens mächtig Durchfall. Das ist eigentlich kein Wunder, wo wir doch schon seit Tagen von den Straßenküchen Assuans essen. Schmeckt recht gut, ist sehr billig (2 Bäuche voll um 6 LE = 0,80 EUR), aber nicht sonderlich hygienisch. Km 65/7.061.

Sonntag, 16. Dezember 7, Tag 24, Projektil durchschlägt Autoscheibe

Am Vormittag gehen wir mal nachfragen, ob vielleicht schon die Visa da sind. Sind sie natürlich noch nicht. Trotzdem machen wir heute den ersten Schritt des Autos Abmeldens. Auf dem Weg in das entsprechende Amt fahren wir innerhalb der Stadt eine ansteigende Straße hinauf. Da sehe ich, wie ein junger Bursch eine große Gasflasche über die Straße schräg hinüberrollen lässt, neben ihr herläuft und sie mit seinen Füßen dirigiert. In dem Moment, als ich an ihm vorbeifahre, kommt auch aus der Gegenrichtung ein PKW, der der Gasflasche sehr nahe kommt und ich frage mich, ob er ihr ausweichen kann. In diesem Moment höre ich zersplitterndes Glas und als ich anhalte, ist klar, was passiert ist: Der PKW ist mit der Gasflasche kollidiert, hat diese beschädigt und ein Teil des Ventils ist wie ein Geschoß weggeflogen und hat die mittlere Seitenscheibe unseres Toyo durchschlagen, etwa einen Meter hinter meinem Kopf! In unserem Auto ist alles übersät von Glassplittern. Wir finden auch sofort das Geschoß, es ist ca. 6 mal 2 mal 2 Zentimeter groß. Hätte es meinen Kopf getroffen, wer weiß, ob ich noch lebte! Wir haben uns sehr schnell wieder gefasst, auch Susi ist ganz cool, und fahren Autos abmelden, erster Teil (N24 03.708 E32 53.178, Büro geöffnet Sa-Do 9-14). Das ist in wenigen Minuten erledigt, indem wir die Schreiber vor dem Büro ignorieren und sofort zum zuständigen Beamten im ersten Stock gehen.  Den Rest des Tages verbringen wir damit, eine neue Scheibe für unseren Landcruiser zu finden. In Assuan gibt es einige Kilometer außerhalb Richtung Südosten einen Stadtteil mit hunderten kleinen Autowerkstätten (N24 03 E32 56), aber natürlich gibt es keine Original-Ersatzteile. Doch das ist kein Problem, denn ein Autoglaser stellt soetwas selbst her und nach gut zwei Stunden ist die neue Scheibe eingebaut. Doch ich bin nicht zufrieden, denn die neue Scheibe ist plan, während die originale gewölbt war und daher lässt sich das Schiebefenster nicht vollständig schließen. Außerdem hat er die Beschläge nicht ganz an der richtigen Stelle eingebaut, was er lösen will, indem er mit einem Hammer auf das korrespondierende Teil am Fensterrahmen schlägt. Ich protestiere und tadle sein Werk, worauf er anbietet, es mit einer Plexiglasscheibe nocheinmal zu versuchen. Nach einer guten weiteren Stunde ist diese eingebaut und passt wesentlich besser, noch immer nicht wasserdicht, aber das soll momentan kein Problem sein. Nebenbei lassen wir noch die wackelnde Trittstufe an der Hecktür schweißen. Das kostet 20 LE (2,67 EUR), das Fenster 160 LE (21 EUR). In Anbetracht der Mechanikervielfalt hier überlegen wir, ob wir nicht in den nächsten Tagen unsere Lenkung hier ansehen lassen. Ich glaube, ich habe noch gar nicht erwähnt, dass seit dem Gilf-Ausflug unser Lenkrad bei Geradeausfahrt etwa 40 Grad nach rechts eingeschlagen ist. Ich hab mir auch schon sehr genau die Lenkmechanik angesehen, außer einem gering wackelnden Gelenk nichts feststellen können. Km 65/7.126.

Montag, 17. Dezember 7, Tag 25, Abschied

In der Früh ein Besuch auf der Botschaft: Keine Visa. Wir fahren nun zur Traffic Police (N24 05.020 E32 54.477, geöffnet Sa-Do 8.30-14), wo ich unser Auto abmelde (Eingang für uns auf der Rückseite des Gebäudes, man landet nicht an den Schaltern, sondern direkt an den Schreibtischen, Mr. Joseph ist zuständig). Ich erhalte eine Bescheinigung, mit der ich ohne Kennzeichen 2 Tage fahren darf, wegen der Holidays "maybe five". Unsere Freunde können sich nicht entschließen, diesen Schritt zu tun, ist doch damit der Weg zurück nach Europa vertan oder zumindest erschwert. Wir fahren zurück auf die Botschaft und sitzen mehrere Stunden im Wartezimmer. Wenn bis um 13 Uhr das erwartete Fax aus Khartoum nicht da ist, geht es sich für unsere Freunde nicht mehr aus, ihre Autos abzumelden, weil die Traffic Police um 14 Uhr schließt. Auch wenn schon mehrmals die Rede davon war, kommt ihr Entschluss, umzukehren und nach Österreich zurückzufahren, doch unerwartet. Sie wollen gleich aufbrechen und nach einem kurzen Abschied, bei dem wir natürlich auf die ihnen zugedachten und von Susi selbst gebackenen Weihnachtskekse vergessen, sind sie weg. Da wir nichts besseres zu tun haben, sitzen wir auf der Botschaft, bis man uns um halb vier rauswirft. Gegen drei ruft Mr. Salah an, um von uns persönlich zu hören, dass wir kein Visum haben, und unsere Reservierung zu stornieren. Abends gehen wir die Corniche entlang und suchen nochmals nach einem Laden, der eine einigermaßen brauchbare Digitalkamera verkauft. Doch nichts zu finden. Dann ruf ich noch Tom in Namibia an, um ihm zu sagen, dass er nur für Susi und mich Bier einkühlen muss, da die anderen ja nun nicht kommen. Km 91/7.217.

Dienstag, 18. Dezember 7, Tag 26, 8. Tag in Assuan

In der Früh fahren wir kurz zu Mr. Salah, um ihm mitzuteilen, dass unsere Freunde nach Hause unterwegs sind, wir aber an einer Überfahrt nach Wadi Halfa weiterhin brennend interessiert sind. Zu Mittag essen wir Pizza und genießen dabei den Blick vom ersten Stock des Restaurants auf den Bahnhofplatz. Den Nachmittag verbringen wir auf einer Anhöhe über dem linken Nilufer relaxend in der Sonne. Km 44/7.261.

Mittwoch, 19. Dezember 7, Tag 27, 9. Tag in Assuan

Wir bauen die Möbel aus dem Auto aus, um auch noch die letzten Glassplitter zu entfernen. Sogar den Kühlschrank muss ich zerlegen, weil Splitter durch die Lüftungsschlitze eingedrungen sind. Km 67/7.328.

Donnerstag, 20. Dezember 7, Tag 28, 10. Tag in Assuan

Während gestern und vorgestern die Stadt wie ausgestorben wirkte, ist heute viel los. Vor allem Kinder und Jugendliche belagern die Straßenküchen und die einfachen Lokale. Wir essen inmitten von -zig Jugendlichen ein Nudelgericht in einer Art arabischem Mc. Donalds. Das Essen wird frisch gemacht, man kann zusehen, wie zwei Männer wie Jongleure die Bestandteile des Gerichtes mit Löffeln aus Pfannen und Töpfen in die Teller werfen. Ca. alle 15 Sekunden ist ein Teller fertig! Eine Portion kostet übrigens 5 LE (0,67 EUR). Den Nachmittag verbringen wir wieder am Nilufer lesend in der Sonne. Am Abend wirds heute besonders kühl. Wir entzünden ein Feuer, an dem wir es dann doch bis neun aushalten. Km 49/7.377.

Freitag, 21. Dezember 7, Tag 29, 11. Tag in Assuan

Die Gerüchteküche brodelt. Bei unserem täglichen Besuch auf dem Campingplatz, auf dem jetzt schon neun Fahrzeuge auf die Überfahrt in den Sudan warten, hören wir von den Italienern, dass diese morgen das Visum erhalten sollen. Eigenartig, denn eigentlich sollten morgen noch Holidays sein. Da wir gleichzeitig mit den Italianos die Visa beantragt haben, machen auch wir uns Hoffnung. Am Nachmittag sehen wir uns die Felsengräber auf dem Westufer des Nil an. Die sind nicht gerade spektakulär, wenn man in Ägypten schon einiges gesehen hat, aber die Aussicht über die Nilinseln und die Stadt ist grandios. Km 49/7.426.

Samstag, 22. Dezember 7, Tag 30, 12. Tag in Assuan

Natürlich hat das Konsulat noch geschlossen. Wir werden morgen wieder vorbeischauen, da sollten die Holidays endlich vorüber sein. Heute sehen wir uns die Koptische Kathedrale und die Ausgrabungen und das Museum auf der Elephantine, der größten Nilinsel, an. Km 50/7.476.

Sonntag, 23. Dezember 7, Tag 31, 13. Tag in Assuan

Pünktlich um 9 sind wir auf dem Konsulat und erfahren gleich, dass das Fax aus Khartoum eingetroffen ist. Sobald der Konsul da ist, gibts die Visa. Es dauert aber bis halb 11, bis der kommt, und dann nochmals bis Viertel nach 12, bis wir unsere Pässe mit den Visa kriegen. Hurra, endlich! Nun gleich zu Mr. Salah in der Hoffnung, dass wir morgen noch einen Platz auf der Fähre bekommen. Doch der bremst uns ein wenig ein: Mit den Italienern haben wir nur drei Autos und da lohnt sich ein Ponton nicht. Nur wenn er bis morgen ausreichend Fracht auftreibt, auch für den Rückweg, kann er unsere Autos morgen verschiffen, andernfalls müssen wir noch eine Woche warten. Wir sollen ihn morgen anrufen. Km 39/7.515.

 

 

Montag, 24. Dezember 7, Tag 32, Weihnachtswunder

Hurra, es klappt: Wir können heute noch auf die Fähre! Die Freude ist groß. Noch am Vormittag fahren wir zum Hafen, kaufen die Tickets: Auto bis 5 m Länge 2.452 LE = 327 EUR plus 397,50 LE = 53 EUR je Person 1. Klasse (2er-Kabine); 2. Klasse (Pullmannsitze) würde 249,40 LR = 33,25 EUR kosten. Für die Zollabfertigung bezahlen wir je Auto 25 LE = 6 EUR, bei der Polizei 2 LE = 0,24 EUR je Person. Die Leute, deren 9 Fahrzeuge gestern bereits verschifft wurden, sind schon an Bord der Personenfähre und starten einen Jubel, als sie uns kommen sehen. Wir können unsere Autos nicht gleich auf den Ponton verladen, da dieser noch mit Waren beladen wird. Ein LKW nach dem anderen bringt Pakete und Säcke, die händisch abgeladen und auf dem Schiff aufgetürmt werden. Erst ganz zum Schluss dürfen wir rauffahren. Nun können wir auch auf die Personenfähre, von der wir schon so viel negatives gehört haben, und die Assuan um 17 Uhr verlässt. Unsere 1. Klasse-Kabine wird dem Ruf durchaus gerecht: Sie ist, wie auch der Rest des Schiffes, übel verdreckt, in die Betten möchte man sich am liebsten gar nicht hineinlegen. Es denke bitte niemand an Bettwäsche, die gibt's hier natürlich nicht. Wo auf dem Schiff die Toiletten sind, ist sofort klar: Immer der Nase nach. Immerhin ist das Schiff heute nicht überfüllt, es sind anstatt der üblichen fünfhundertirgendwas nur zweihundertundetliche Passagiere an Bord. Auch über das Essen, von dem eine Mahlzeit im Fahrpreis inbegriffen ist, trauen wir uns drüber. Andere allerdings nicht. Eine etwas sensible Dame übersteht die Fahrt nur mit einer Flasche Schnaps und mehreren Schlaftabletten. Wir gehen an Deck, sehen zu, wie wir bei Sonnenuntergang unsere Autos auf dem Ponton überholen und feiern sehr bescheiden Weihnachten. Da wir viele unserer Mitreisenden vom Warten kennen, ist es eine nette Feier. Irgendjemand mixt Gin-Tonic, wir spendieren Lebkuchen, die Schweizer haben sogar einen kleinen Christbaum mitgebracht. Während ein strahlender Vollmond aufgeht, singen wir Weihnachtslieder. Susi und ich sind sehr müde und ziehen uns bald in unsere Kabine zurück, wo wir unsere Packerl öffnen und uns kurz darauf in die Schlafsäcke begeben. Km 39/7.554.

Dienstag, 25. Dezember 7, Tag 33, Wadi Halfa

Obwohl die Betten ziemlich kurz sind, schlafen wir gar nicht so schlecht, wachen aber erfreulicherweise rechtzeitig auf, bevor wir Abu Simbel passieren. Wir sind (wieder) tief beeindruckt. Kurze Zeit später überholen wir die zwei Pontons mit den neun Fahrzeugen, die bereits am Sonntag in Assuan abgefahren sind. 

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