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Übersicht 9. Etappe

Weiter nach Darwin und Top End

   Timor-Leste   1 EUR = 1,10 US-Dollar      MESZ + 7 Stunden      79 Einwohner/km2      Linksverkehr

Samstag, 8. April 17, Tag 4/307: Timor

Die Straße bis Dili verläuft an der Küste, mehrmals aber hoch über dem Meer. Etwa die Hälfte der Strecke ist gut ausgebaut, die andere Hälfte in bedauernswertem Zustand: Es reiht sich ein Schlagloch an das nächste. Wir erreichen die Hauptstadt bei Dämmerung und finden das Hotel, in dem wir ein Zimmer reserviert haben, auf Anhieb. Wir haben es ausgewählt, weil es durchwegs positive Bewertungen hat und alle den Manager Ali loben, der total hilfsbereit ist und alles organisieren kann. Das ist genau, was wir brauchen. Aber leider arbeitet Ali seit ein paar Monaten nicht mehr hier. Das Zimmer, vor allem das Bad und WC, ist mangelhaft sauber und auch sonst recht ungemütlich. Handtücher und Klopapier gibt es nicht. Aber immerhin steht der Zerberus sicher im Hof geparkt. Der neue Hotelmanager feiert heute seinen 25. Geburtstag, ist aber nüchtern und verspricht, ebenso hilfsbereit wie sein Vorgänger zu sein. Er lässt Badetücher und Toilettenpapier bringen und will uns auch bei der Organisation der Verschiffung und eines Platzes zum Reinigen des Autos helfen. Wir essen im optisch recht ansprechenden Hotelrestaurant. Kulinarische Ansprüche erfüllen sich nicht, der Service ist eine Zumutung. Susi hustet schon den ganzen Tag, hat während der Fahrt oft geschlafen und ich glaube, sie hat am Abend Fieber. Km 404/419/62.808.

Sonntag, 9. April 17, Tag 5/308: Dili, Tag 1

Wir schlafen uns gut aus, sind aber in dem Loch, in dem wir uns befinden, total deprimiert. Susi hat knapp 38 Fieber. Die Toilette ist verstopft. Ein Hoteldiener arbeitet 20 Minuten geräuschvoll daran und verlässt uns mit einem Grinsen und einem "OK". Aber nicht nur, dass die Toilette noch immer nicht funktioniert, der verhinderte Handwerker hat das ganze Badezimmer grauslich versaut. Draußen ist bereits am Vormittag die Schwüle unerträglich. Ich lasse Susi im Zimmer, besorge mir eine SIM-Karte und sehe mir andere Hotels an. Auch teure. Die meisten kommen nicht in Frage, weil sie keinen bewachten Parkplatz haben. Andere bieten ähnlich schmuddelige und/oder schmutzige Zimmer, wie unseres. Dann aber werde ich fündig: Das Chong Ti-Hotel hat nicht nur sehr saubere und ordentliche Zimmer, es ist sogar billiger und hat einen sehr großen asphaltierten Hof, in dem der Zerberus von der Straße ungesehen ist und in dem wir auch Putzen können. Nur Schatten gibt es keinen. Als ich zu Susi zurückkomme, ist sie etwas frischer. Wir packen und als wir abfahren wollen, kommt gerade der Manager in den Dienst. Er zeigt uns drei andere Zimmer, die aber ebenfalls unsere Erwartungen nicht so ganz erfüllen. Als wir uns verabschieden, bietet er uns an, dass er dennoch morgen mit uns zum Hafen fahren wird. Wir zeigen uns mit einem Besuch in seinem Restaurant zu Mittag und nochmals später am Abend erkenntlich. Der Besitzer des Chong Ti-Hotels, Mr. Liu, ist, wenig überraschend, Chinese und sehr freundlich. Er kann zwar kaum Englisch, aber mit dem Google Translator können wir uns so halbwegs verständigen. Er ist sehr hilfsbereit und will uns einen Hochdruckreiniger borgen. Einen Staubsauger oder einen Kompressor hat er nicht. Da gibt es noch Organisationsbedarf. Da das Hotel keine Mahlzeiten anbietet, gehen wir noch einkaufen, damit wir wenigstens hier frühstücken können. Km 21/440/62.829.

Montag, 10. April 17, Tag 6/309: Dili, Tag 2

In den letzten Monaten habe ich mit großem Aufwand versucht, aus der Ferne die Verschiffung nach Australien vorzubereiten. Aber nicht einmal ordentliche Informationen waren zu bekommen. Die meisten Agenturen haben einfach nicht geantwortet. Wahrscheinlich kommen viele Anfragen, aber nur wenige Fahrzeuge erscheinen tatsächlich zur Verschiffung. Der bisherige Stand meines Wissens war: Es gibt mehrere Agenturen bzw. Reedereien, die in den vergangenen Jahren mehrfach die Namen und Zuständigkeiten geändert haben. Auf der Website von Swireshipping scheint eine direkte Verbindung von Dili nach Darwin auf, genauer gesagt: Singapur-Dili-Darwin-Singapur, die Info ist allerdings aus dem Jahr 2014. Aktuelle Fahrpläne gibt es nicht. Diese Agentur hat auf Anfragen bisher nicht geantwortet. ANL, früher Perkins, fährt in die umgekehrte Richtung, das heißt, unser Auto müsste zurück nach Singapur, bevor es nach Australien geht. Das wäre nicht nur extrem teuer, sondern würde auch zwei Wochen dauern. Und schließlich Crossland Shipping bietet den Transport via Surabaya an, wo das Auto auf ein Schiff nach Darwin umgeladen werden müsste. Das wäre deutlich billiger, ginge ein paar Tage schneller, aber das Auto würde einige Tage im Hafen von Surabaya stehen, ein Gedanke, der uns Bauchschmerzen verursacht. Aktuelle Informationen aus verschiedenen Quellen sagen übereinstimmend, dass nur die letzten beiden Optionen in Frage kommen, den Direkt-Service gibt es nicht mehr. Wir fahren zunächst zu SDV, von denen wir nicht genau wissen, auf welchem Schiff sie Platz verkaufen, aber deren Büro ist ganz in der Nähe und wir haben Koordinaten. Wir erhalten die Visitenkarte eines Sales Managers, den wir in zwei Stunden anrufen sollen um einen Termin zu vereinbaren. Als nächstes möchten wir zu Swireshipping fahren, aber deren Adresse ist bei Google nicht zu finden. Ich rufe an und erhalte die Auskunft, sie seien zirka einen Kilometer östlich des Hafens, eine Wegbeschreibung kriegen wir aber nicht, wir sollen einen Taxifahrer fragen. Ich will schon einen Taxifahrer anhalten, aber der ist besetzt. Weitere Taxis kommen nicht mehr. Da fällt mir urplötzlich auf, dass die Adressen von Swireshipping und jene auf der Visitenkarte, die ich eben bekommen habe, identisch sind.  Die Agenturen sind nicht nur im selben Gebäude, sondern gehören irgendwie zusammen und sind im gleichen Großraumbüro untergebracht. Ich also wieder rein und nach 10 Minuten bin ich viel schlauer als nach Monate langer Internetrecherche: Es gibt ein direktes Schiff nach Darwin, die nächste Abfahrt ist am 23. April. Die Überfahrt dauert nur zwei Tage. Da unser Auto nicht in einen Container passt, muss ein Flatrack (das ist quasi der Boden eines Containers, auf den das Auto gestellt wird und mit dem es auf das Schiff gehoben wird) bestellt werden, aber während ANL und Crossland darauf bestanden, dass wir ein 40-Fuß-Flatrack benötigen, weil unser Auto über 5,94 Meter lang ist, meint man hier bei Swireshipping, das geht sich leicht auf einem 20-Fuß-Flatrack aus (das macht einen riesigen Preisunterschied!) und sollte nicht rechtzeitig ein Flatrack eintreffen, geht's auch ohne. Spätestens morgen kriegen wir einen Kostenvoranschlag. Unglaublich!
Wir fahren nun in die Ford-Werkstätte, die uns von einem Motorradfahrer empfohlen wurde, der dort seine Maschine putzen durfte. Antonio, überregionaler Spare Parts Manager, weiß sofort, wer uns geschickt hat, zeigt uns die Waschbox und erklärt uns, dass man hier ein Motorrad reinigen kann, ohne den Routinebetrieb zu stören. Ein Auto dort reinigen würde die Box tagelang blockieren. Das verstehen wir natürlich. Antonio ist voll nett, lässt seine Arbeit liegen und stehen und fährt uns voraus: Wir klappern die Autowäscher ab, bis wir einen finden, der eine Grube hat, so dass man das Auto auch von unten waschen kann. Er handelt den Preis von 250 auf 150 USD pro 8-Stunden-Tag runter. Wir vereinbaren, dass ich heute zunächst mal einen halben Tag in Anspruch nehme, denn es ist ohnehin schon fast Mittag. Wir essen in einem der vielen Pizza-Pasta-Burger-Sandwich-Steak-Pommes-Restaurants (Preise etwa wie zu Hause), dann bringe ich Susi zurück ins Hotel, sie fiebert noch immer leicht und hustet heftig. Diverse Pharmakologie ist schon im Einsatz. Ich fahre wieder zu den Autowäschern, wo ich zunächst selbst den Hochdruckreiniger in die Hand nehme, aber rasch frustriert bin. Da geht zwar ein bisschen Schmutz runter, aber vor allem die Radkästen sind mit einem Gemisch von Dreck und Teer hart verkrustet, da geht nichts weg. Die Burschen, die hier arbeiten, haben eindeutig mehr Erfahrung, wie man das wegbekommt: Mit Benzin. Während mir sofort die Haut von den Fingern abgeht, scheint es denen nichts auszumachen. Mit Benzin, Bürste, Lappen, Hochdruckreiniger werden die Radkästen sauber. Es arbeiten die ganze Zeit ein bis vier junge Männer gleichzeitig. Wenn ein zweites Auto da ist, mal weniger, dann wieder alle vier. Die Grube unter dem Auto ist voller dreckigem Wasser, auf dem oben Benzin schwimmt. Ich steige mit einem Burschen da runter, die Brühe reicht bis zu den Waden. Sehr appetitlich. Wir spritzen nun das Auto von unten ab und sind im Nu von oben bis unten patschnass und dreckig. Irgendwas brennt höllisch in den Augen, vielleicht ist da was im Waschwasser oder es ist Benzin, das wir von oben runterspülen. Jedenfalls muss ich raus hier und lasse den armen Kerl alleine. Ich beschränke meine Mitarbeit jetzt darauf, zu kontrollieren, ob's mir sauber genug ist, bzw. hinzuzeigen, wo nicht. Wir waschen auch den Motor, später bin ich sehr erleichtert, dass er trotzdem anspringt. Leider muss der Emu mit Sturzhelm, den wir zum Start der Weltreise auf die Motorhaube geklebt haben, weg, da sich der Aufkleber rundum gelöst hat und dort mächtig viel Dreck pickt. Schade, dass er Australien nicht erreicht. Obwohl der Platz überdacht ist, ist es affig heiß und nach vier Stunden bin ich ziemlich geschafft, obwohl ich kaum was gearbeitet habe. Heute haben wir mit groben Instrumenten gereinigt: Lappen und Bürste. Nächstes Mal das ganze nochmals mit Zahnbürste und Wattestäbchen. Die Inspektoren in Australien wollen das Auto "as clean as new".
Das Abendessen nehmen wir in einer Straßenküche in der Nähe des Hotels ein. Hier ist es deutlich billiger als zu Mittag: Zweimal Reis mit Huhn und Gemüse plus zwei Spite kosten 4 USD. Die Teller sind halt nicht ganz so sauber, aber dafür sind wir schon zu lange unterwegs, dass sowas stört. Km 25/465/
62.854. Geputzt: 3x4=12 Stunden.

Dienstag 11. April 17, Tag 7/310: Dili, Tag 3

Um es kürzer als gestern zu machen: Trotz mehrerer Anrufe bei Swireshipping gibt es noch keinen Kostenvoranschlag. Auf der Suche nach einem überdachten Platz zum Putzen und einem Kompressor können wir Antonio erweichen, dass wir zumindest einen ganzen Tag, am Montag, bei Ford putzen dürfen. Als Bezahlung müssen wir uns mit der Firmenbelegschaft fotografieren und das Foto samt Danksagung rahmen lassen. Wir sehen uns noch die erstaunlich große Kathedrale von Dili an und kriegen auf der Fahrt dorthin vorgeführt, wie Müllabfuhr hier funktioniert: Der Müll wird in Haufen am Straßenrand gelagert. Die Müllabfuhr besteht aus einem normalen LKW und sechs Mann einschließlich Fahrer. Zwei halten ein Stück Segeltuch so, dass der Dritte den Müll hineinlegen bzw. -kehren kann und heben den "Sack" hoch zu den zweien, die auf der Ladefläche stehen und ihn dort ausleeren. Ein wenig grauslich vielleicht für die Leute, die es machen, aber effektiv und Arbeitsplätze sichernd. Zurück beim Hotel kriegt Susi Genesungsurlaub und ich borge mir den Hochdruckreiniger aus, ein niedliches Teil, das im Gegensatz zu dem Mördergerät von gestern, bei dem man aufpassen musste, dass man nichts kaputt spritzt, genau richtig ist für die heutigen Arbeiten. Ich nehme beide Reserveräder ab, repariere bei der Gelegenheit eine kaputte Aufhängung. Das Reserverad unter der Bodenplatte ist so dreckig, dass ich fast eine Stunde daran schrubben muss. Dann kommen die Stellen dran, die man gestern wegen der Reserveräder nicht erreichen konnte, und schließlich reinige ich gut die Hälfte der Unterseite des Wagens. Dabei steht mir keine Grube zur Verfügung, weshalb ich unter dem Auto liegen muss. Nicht nur, dass ständig Wasser auf mich rinnt, unter mir läuft es nicht weg und ich liege bald in einer riesigen Pfütze. Bei der Hitze ist das gar nicht so unangenehm. Nun nehme ich auf der rechten (im schmalen Schatten liegenden) Fahrzeugseite versuchsweise eine der Verkleidungen ab. Da hier noch mächtig Schmutz dahinter ist, müssen auch alle anderen runter. Nach fünf Stunden in der Hitze reicht es mir. Ich bin so schmutzig, dass die Reinigung meiner selbst noch eine Herausforderung ist. Susi hat am Nachmittag geschlafen und kommt mir frischer vor. Km 10/474/62.864. Geputzt 12+5=17 Stunden.

Mittwoch, 12. April 17, Tag 8/311: Dili, Tag 4

Um der größten Hitze zu entgehen, stehen wir schon eine Stunde vor Sonnenaufgang auf, halten nach dem Vormittagsputz ausgedehnte Siesta und setzen am Nachmittag die Arbeit fort. Am Vormittag liege ich wieder Stunden lang unter dem Auto, am Nachmittag beginne ich mit der Motorreinigung mit Putzlappen, Zahnbürste und Wattestäbchen. Was nicht mit Wasser und Putzmittel weg geht, kriegt eine zweite Chance mit Benzin. Alles was leicht abzumontieren geht, wird abmontiert: Die Dämmung unter der Motorhaube ist total staubig und kaum sauber zu kriegen, der Kühlergrill muss weg, um zur Vorderseite des Kühlers zu gelangen und die dort befindlichen 924 Insektenleichen zu beseitigen, der Luftfilterkasten muss raus, erstens um ihn ordentlich reinigen zu können, zweitens um alles dahinter und darunter sauber zu kriegen, der Wasserbehälter der Scheibenwaschanlage ist eine Bakterienschleuder und muss ausgebaut, ausgeleert und gereinigt werden. Susi fühlt sich so fit, dass sie am Nachmittag auch mit von der Partie ist. Sie widmet sich dem Wageninneren. Nach mehreren Urgenzen kommt am Abend der Kostenvoranschlag. Obwohl Darwin nur 750 Kilometer entfernt ist, kommt die Sache ganz schön teuer. Das ist kein Wunder, wenn nur eine einzige Gesellschaft die Direktverbindung anbietet. Wir sind aber sehr froh, das Auto innerhalb von zwei Tagen in Australien zu haben und nicht, wie zuerst gedacht, zwei Wochen darauf warten zu müssen. Geputzt: 26 Stunden. 

Donnerstag, 13. April 17, Tag 9/312: Dili, Tag 5

Am Vormittag kann ich die Motorreinigung abschließen. Dann gehe ich (gefahren wird mit dem teilsauberen Auto nicht mehr!) ins Büro von Swireshipping, um die Details der Verschiffung zu besprechen. Da der Zoll bei der Einreise das Carnet nicht gestempelt hat, die Zöllner am Hafen aber auf das Carnet bestehen, muss nächste Woche (morgen am Karfreitag ist Feiertag) jemand zur Grenze fahren und das Carnet stempeln lassen. Einfach unglaublich! Ich krieg ein paar komplizierte Formulare zum Ausfüllen, unter anderem muss ich eine Wohnadresse und eine Telefonnummer in Australien angeben. Da wir aber noch kein Hotel in Darwin gebucht haben, krieg ich die Formulare übers Wochenende mit. Dass wir am Nachmittag wieder putzen, muss ich wohl nicht extra erwähnen. Schweren Herzens entschließen wir uns, die Bretter, aus denen wir die Trennwand hinter den Vordersitzen gezimmert haben, wegzugeben, denn einige sind leicht schimmlig und das macht bestimmt nur Ärger bei der Quarantäneinspektion. Geputzt: 36 Stunden.

Freitag, 14. April 17, Tag 10/313: Dili, Tag 6

Die Tage ähnelnn einander: Putzen. Siesta. Putzen. Schlafen. Eines allerdings ist heute anders: Wegen dem Feiertag sind die meisten Lokale geschlossen, unerwarteter Weise speziell die Straßenküchen. Ich muss weit in der Mittagshitze gehen, um ein offenes Lokal zu finden. Susi bring ich was mit. Beim Duschen bemerke ich eine eigenartige Veränderung an meinem linken Fuß. Sieht so aus, als würde da unter der Haut was kriechen. Es soll ja in den Tropen allerlei grausliches Parasitengetier geben. Andererseits kann's auch nur ein harmloser Kratzer sein. Ich beschließe, mich vorerst nicht zu beunruhigen.1 Für Sonntag, den 23. buche ich den Flug nach Darwin und ein Hotel für zunächst mal drei Tage. Somit haben wir eine Adresse in Darwin und ich kann dem Agenten das Formular für die Verschiffung mailen. Geputzt: 47 Stunden.

Samstag, 15. April 17, Tag 11/314: Dili, Tag 7

Stapelboxen, wie wir sie im Kofferraum haben, sind eine super Sache. Wenn's aber um's Reinigen geht, sind sie der Horror. Zur Erhöhung der Stabilität haben sie auf allen Außenseiten horizontale und vertikale Stege, die viele Meter lange Kanten und hunderte Ecken bilden, in denen sich der Staub verkriecht. Jede Kante, jede Ecke wird mit der Zahnbürste gereinigt. Bei der fünften Box denk ich schon, mir haut's den Vogel raus, ich kann keine Ecken mehr sehen. Aber dann ist's auf einmal doch überstanden. Eine weitere Herausforderung sind die Ziehharmonikaschläuche, zwischen Fahrzeug und Türen, allein bei den Hecktüren putze ich je eine halbe Stunde lang dran rum. Auch die Türgummi müssen runter, werden gereinigt, zum Trocknen aufgehängt und wieder montiert. Susi kämpft sich im Autoinneren von Schrank zu Schrank: Ausräumen, Schrank putzen, Inhalt putzen, einräumen. Geputzt: 59 Stunden.

Ostersonntag, 16. April 17, Tag 12/315: Dili, Tag 8

Besondere Highlights des heutigen Putztages sind der Ventilator und das Insektenschutzgitter der Dachluke, sowie die Füllstandsanzeige der Toilette, in der sich Ameisen eingenistet haben. Während der Siesta schicken wir einen E-mail-Ostergruß an unsere Freunde und Bekannten. Obwohl Tante Regine in Florida die einzige ist, die das Mail gestern empfängt, antwortet sie als erste: Now keep the wohn wagen clean for a while. Vielleicht sollte ich das zum Anlass nehmen, darauf  hin zu weisen, dass unser Auto nicht irgendwie total versaut und dreckig war. Wie am Ende jeder Etappe, haben wir es im Dezember gereinigt. Seither ist es ja fast nur rumgestanden. Aber natürlich kommt man bei einer normalen Reinigung nicht überall hin. Der Staub der iranischen, kasachischen und mongolischen Wüsten jedoch schon. Wie jeden Tag bezahle ich an der Hotelrezeption die Zimmermiete für den nächsten Tag. Ich kriege keine Quittung, sondern die Rezeptionistin trägt die Einnahme in eine Liste ein. Heute schaue ich ihr mal genauer beim Schreiben zu und dabei sehe ich, dass sie zwar meine 30 Dollar einträgt, die Einträge anderer Gäste aber jeweils nur 15 Dollar betragen. Werden wir über's Ohr gehauen und man verlangt von uns die doppelte Miete als von allen anderen? Später spreche ich den Hotelbesitzer darauf an und er erklärt mir, dass die 15 Dollar die Miete für "two hours relax" sind. Wir sind in einem Stundenhotel abgestiegen und haben das - wie naiv! - eine Woche lang nicht bemerkt! Geputzt: 72 Stunden.

Montag, 17. April 17, Tag 13/316: Dili, Tag 9

In der Früh bringe ich die ausgefüllten Formulare in's Büro von SDV, wo mich der Agent eine dreiviertel Stunde warten lässt. Ich unterschreibe den Transportauftrag und gebe ihm das Carnet, das ja keinen Einreisestempel von Timor-Leste aufweist. Nun fahren wir zu Ford, aber Antonio ist nicht da. Also zurück zum Hotel und Siesta. Aber bald krieg ich einen Anruf von SDV: Das Carnet ist gestempelt und die Rechnung fertig. Ich latsche in der Mittagshitze nochmals hin und nehme das Carnet in Empfang. Da haben doch glatt die Narren vom Zoll auf dem Blatt von Indonesien gestempelt und sich einen Abschnitt vom nächsten Blatt rausgenommen. Total unsinnig. Da mir aber nicht klar ist, ob das jetzt der nachgeholte Importstempel sein soll, oder schon der Exportstempel, sich die Leute von SDV diesbezüglich gar nicht auskennen, lass ich die Sache einfach auf sich beruhen. Was soll's, das Carnet ist ohnehin in Timor-Leste nicht gültig. Nun geht's an's Bezahlen, ein dicker Stapel Hunderter nimmt Abschied von mir. Am Nachmittag putzen wir das Führerhaus und bei der Gelegenheit repariere ich das Lüftungsgebläse, das seit einigen Tagen ein wildes Geräusch von sich gibt. Im Gebläse hat sich ein Stück Schaumgummi verfangen, das sich neulich gelöst haben muss, als ich den Pollenfilter ersetzt habe und dabei so weit ich konnte, in das Ansaugrohr hineingeputzt habe. Außerdem baue ich den Trackjack aus, unser Ortungsgerät, das seit Neujahr nicht mehr funktioniert, weil es die Schaltsekunde nicht verarbeiten konnte. Km 4/478/62.868. Geputzt: 77 Stunden. 

   

Dienstag, 18. April 17, Tag 14/317: Dili, Tag 10

In der Halle von Ford kriegen wir einen Staubsauger geliehen, ein Mörderteil mit drei Motoren, das gleich einen Putzfetzen verschluckt. Leider gibt es keine kleine Düse, mit der man in diverse Ritzen reinsaugen könnte. Außerdem leiht man uns eine Leiter, mit der ich endlich das Dach reinigen kann. In der Halle ist es zwar schattig, aber es ist kein Luftzug zu spüren und so schwitzen wir mehr als beim Putz vor unserem Hotel. Wir beschränken daher unseren Aufenthalt hier auf das Nötigste und dampfen nach zwei Stunden wieder ab. Über Mittag lasse ich ein Foto mit der Ford-Belegschaft ausdrucken, gebe es in einen Bilderrahmen und bringe es Antonio, der sich echt drüber freut. Km 4/482/62.872. Geputz: 86 Stunden.

Mittwoch, 19. April 17, Tag 15/318: Dili, Tag 11

Wir haben noch gar nicht erwähnt, dass unser Hotel eine Baustelle ist: Der gesamte zweite Stock wird renoviert. Es ist erstaunlich, mit welch einfachen Mitteln hier gebaut wird, zum Beispiel gibt es keine Mischmaschine. Drei volle Tage wird an einem Sicherungskasten herumgebastelt. Es werden Blechstreifen eingemauert, das aus der Mauer stehende Blech wird mit der Flex weggeschnitten. Fabiola von der Rezeption wäscht uns heute die Wäsche. Dafür wollt sie zehn Dollar. Ich biete drei, sie ist einverstanden und später, als ich ihr fünf Dollar gebe, ist sie total happy. Wir kennen jetzt schon viele Leute hier, die Zimmermädchen, den taubstummen Hausdiener, Baustellenarbeiter, oft sind auch ein oder zwei Prostituierte da, die im Hof unter einem Sonnenschirm auf Kundschaft warten und mit den Securities Karten spielen. Alle aber können sie es nicht glauben, dass es noch immer was am Auto zu putzen gibt. Geputzt: 90 Stunden. 

 

Donnerstag, 20. April 17, Tag 16/319: Dili, Tag 12

Beim Aufhängen der gewaschenen Vorhänge klemme ich mir einen Nerv im Kreuz ein und bin für den Rest des Tages ziemlich außer Gefecht. Gut, dass wir mit dem Putzen fast fertig sind. Geputzt: 92 Stunden

Freitag, 21. April 17, Tag 17/320: Dili, Tag 13

Der Tag vergeht mit Warten auf den Anruf, dass wir das Auto zum Hafen bringen sollen. Der Anruf kommt aber nicht, weshalb ich zweimal telefonisch nachfrage, aber keiner weiß was. Wird wohl morgen auch noch bald genug sein. Zwischendurch gehe ich auf die Bank, um die restlichen indonesischen Rupien zu wechseln, doch die Bank nimmt sie nicht. Auf gut Glück frage ich einen der Security-Leute vor der Bank, wo man wechseln könnte. Der schickt mich in eine Gasse hinter der Bank, wo mir auch gleich ein Bursche, mit Geldscheinen wedelnd, entgegen kommt. Und schon ist gewechselt. Am Nachmittag schüttet es zwei Stunden. Der Regen ist schmutzig und das Auto auch. Am Abend gehen wir mit José, einem netten portugiesischen Universitätsdozenten, den wir neulich kennen gelernt haben, gepflegt essen ins Hotel Timor. Geputzt: 93 Stunden.

 

Samstag, 22. April 17, Tag 18/321: Dili, Tag 14

Weil sich bis Mittag noch immer niemand von Swireshipping gemeldet hat, rufe ich an. Der Agent meint, dass das Auto möglicher Weise erst morgen verladen wird. Ich erkläre ihm, dass wir für morgen Nachmittag unseren Flug gebucht haben. Er meint, das sei gar kein Problem, bis Mittag wird das schon. Am späten Nachmittag machen wir einen Stadtrundgang, kommen dabei auch am Hafen vorbei und sehen, dass unser Schiff, die "Antung", noch gar nicht angekommen ist. Da hat das Schiff also mehr als einen Tag Verspätung und die allerletzten, die das erfahren, sind wir. Nicht auszudenken, was wäre, wenn wir unseren Flug schon für heute gebucht hätten! 

 

Sonntag, 23. April 17, Tag 19/322: Dili, Tag 15. Der Krimi

Leute, was wir heute erleben, ist echt ein Krimi, sowas kann keiner erfinden. Anfangen tut es damit, dass ich für's Frühstück ein kaltes Getränk aus dem Auto holen will. Ich drück auf die Fernbedienung auf dem Schlüssel und was passiert? Richtig: nichts. Wird wohl die Batterie im Schlüssel leer sein, die haben wir ja noch nie wechseln müssen. Ich sperr das Auto mit dem Notschlüssel auf und versuch gleich mal zu starten, doch es lässt sich nicht einmal der Schlüssel drehen. Alles tot. Obwohl ich schon glaube, dass sich das Auto auch ohne die Elektronik im Schlüssel starten und fahren lassen müsste, geh ich mal neue Batterien besorgen, weil dass die Starterbatterie leer ist, ist kaum zu glauben, denn das Auto ist doch nur ein paar Tage lang rumgestanden und außerdem konnte ich ihn problemlos starten, nachdem er vier Monate abgestellt war. Leider haben am Sonntag Früh die kleinen Läden neben dem Hotel geschlossen. Also winke ich ein Taxi heran und sage dem Fahrer, was ich brauche. Er bringt mich in eine Shopping Mall, wo ich die passenden Knopfzellen kriege. Zurück beim Zerberus muss ich leider feststellen, dass sich noch immer nichts tut. Ich alarmiere Susi und rufe gleich auch den Agenten von Swireshipping an, damit wir wissen, wieviel Zeit wir haben. Der sagt, wir können das Auto jederzeit zum Hafen bringen. Na super: Da warten wir Tage lang auf die Verschiffung, und als es dann endlich so weit ist, steht die Kiste. Warum konnte das nicht vor zwei Tagen oder gestern passieren? Umständlich muss ich die Hecktüren öffnen, denn die Zentralverriegelung funktioniert ja nicht, damit ich mein Werkzeug rauskriege. Das Lämpchen am Spannungsprüfer leuchtet, aber das heißt ja nicht viel. Mit vier Starterkabeln verbinden wir die Bordbatterien mit der Starterbatterie. Jetzt lässt sich zumindest der Zündung einschalten, aber von Starten ist keine Rede. Ich werte das mal als Zeichen, dass doch die Starterbatterie leer ist und nicht irgendein anderes Gebrechen vorliegt. Sicherheitshalber rufe ich aber Antonio von Ford an, aber der hebt nicht ab, ist wohl sein Diensthandy, auf dem ich anrufe. Wir lassen die Starterkabelverbindung eine Weile liegen, aber das hilft nicht. Es ist, als würde kein Strom durch die Kabel gehen. Als nächstes bitten wir Liu, dass er uns mit seinem Wagen Starthilfe gibt. Erst nach zehn Minuten, in denen Liu sein Auto auf vollen Touren laufen lässt, und mehreren Startversuchen springt der Zerberus endlich an. Geschafft! Mittlerweile ist es halb zehn. Ich gehe duschen, denn mir läuft der Schweiß in Strömen runter, dann fahren wir zum Hafen. Der ist übrigens so klein, dass nur zwei größere Schiffe gleichzeitig anlegen können. Der Hafen besitzt nicht einmal einen Kran, so dass nur Schiffe Dili ansteuern können, die Kräne an Bord haben. Auf den ersten Blick ist erkennbar, dass die "Antung" noch gar nicht da ist. Das ist sowas von unglaublich! Ich frage mich zu Atino, dem für uns zuständigen Lademeister durch. Der ist voll nett und erklärt mir, dass "unser" Schiff in der nächsten halben Stunde anlegen wird, es ist sogar in der Ferne schon erkennbar. Ich erkläre Atino, dass wir allerspätestens um drei am Nachmittag das Auto verladen haben müssen, damit wir unseren Flug erreichen. Er sagt, das sei gar kein Problem, zeigt uns eine Stelle, wo wir das Auto abstellen können. Wir sollen ihm einfach den Schlüssel geben und sie verladen das Auto schon. Das kommt aber gar nicht in Frage, es war immer ausgemacht, dass wir das Auto abschließen und den Schlüssel mitnehmen. Er gibt uns den Sales-Manager per Telefon ans Ohr, der mir unmissverständlich sagt, wenn wir wollen, dass unser Auto nach Australien kommt, dann müssen wir tun, was seine Leute am Hafen sagen. In den nächsten zwei Stunden diskutieren Atino und seine Helfer, der Lademeister des Schiffes und ich diverse Möglichkeiten, wie das Auto an Bord kommen könnte und sie sind alle sehr bemüht um eine Lösung. Zuerst wollen sie Gurte unter der Bodenplatte durchfädeln, das lasse ich aber nicht zu, weil das die Wasser- und Dieseltanks eindrücken würde. Dann ist von einem Netz die Rede. Wird das die Karosserie eindrücken? Erschwerend kommt ja noch dazu, dass keiner weiß, ob der Zerberus wieder anspringt, wenn ich ihn jetzt abstelle. Irgendwer hat auf einmal den Ent- und Beladeplan in der Hand, aus dem ersichtlich ist, dass ein PKW auf einem Flatrack an Bord ist, der in Dili entladen wird, während das Flatrack nach Darwin weiter fährt. Mit Zustimmung des Kapitäns dürfen wir dieses Flatrack benützen. Extra wegen uns beginnt die Entladung dort, wo sich dieser PKW befindet. Die Container werden vom Schiffskran auf den Kai gestellt, oft etwas unsanft, wobei mächtig Staub aufgewirbelt wird, und dann von speziellen Staplern auf den Lagerplatz gefahren, was wieder ordentlich Staub produziert. Und gleich daneben steht unser sauber geputztes Auto. Bis halb zwei sind alle "vor" dem Flatrack gelegenen Container abgeladen, so dass wir erstmals auf das angekommene Auto sehen, ein neuer knallroter Lexus. Dahinter befindet sich ein ebenso rotes Feuerwehrauto. Um Viertel nach zwei steht das Rack mit dem Lexus am Kai. Das Problem ist, dass der Lexus nicht vom Rack runterfahren kann und wir nicht rauf, weil das Rack fast einen halben Meter hoch ist und keine Rampe vorhanden ist. Nachdem eine Holzkiste, die sich ebenfalls auf dem Rack befunden hat, beim runter Heben kaputtiert wurde, wird der Lexus nun mit zwei "Netzen", die unter die Vorder- und Hinterräder gelegt werden, mit dem Kran vom Rack gehoben und es ist halb drei. Ebenso, und das ist doppelt spannend, weil die Zeit total knapp wird, wird unser Zerberus da raufgehoben, was nicht ganz so einfach geht, weil alle höllisch aufpassen müssen, dass nicht die Ketten, an denen die Netze hängen, an der Karosserie anschlagen. Dann steht er auf dem Rack, ich fahre ein Stück zurück, die Netze kommen raus, wieder ein Stück vor. Spiegel anklappen, Absperren, schnell noch die Räder abwaschen. Fertig. Und dreiviertel drei. Der Verladung des Racks auf das Schiff können wir nun nicht mehr beiwohnen, weil zuerst noch das Feuerwehrauto und weitere Container dahinter ausgeladen werden müssen. Es ist uns bewusst, dass das Rack mit unserem Auto drauf dabei im Weg steht und wir sind allen sehr dankbar, dass das so sein darf. Nun aber per Taxi ab zum Hotel, unter die Dusche, ausgecheckt, wieder ins Taxi. Auf dem Weg zum Flughafen lasse ich den Fahrer kurz am Hafen halten, weil ich neugierig bin, wo sich der Zerberus nun befindet. Er steht noch immer am Kai. Der Flughafen ist sehr einfach, vom Check-in über die Sicherheitskontrolle bis zum Boarding. Dili Aeroporto verfügt nicht einmal über die Ausstattung für Instrumentenan- und Abflüge, das heißt, dass auch die größeren Flugzeuge im Sichtflug landen und starten müssen. Vom Flugzeug mache ich ein paar Fotos, auch vom Hafen und als ich das Foto auf dem Kameradisplay vergrößere, ist zu erkennen, dass der Zerberus nun an Bord ist! Km 2/484/62.874.

 

1 Anmerkung vom 29. Juni 2017: Die Hautveränderung ist innerhalb von drei Wochen folgenlos abgeheilt.

 

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