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Texas

Mittwoch, 8. Juni 22, Tag 15/669: Houston

Die Nacht war echt heiß, in der Früh zeigt das Thermometer im Zerberus 29 Grad. Draußen hat es 24, aber in der Nacht alle Türen offen lassen, ist in einer Großstadt zu gefährlich, eine Hecktür und natürlich die Dachluken hatten wir eh offen. Heute ist Kulturtag. Als erstes sehen wir uns die Rothko Chapel an, eine berühmte konfessionslose Kapelle die zum Meditieren einladen soll. In dem schwach beleuchteten achteckigen Raum hängen an den Wänden riesige (einfärbig) schwarze Bilder. Schwarz gekleidetes Personal passt auf, dass niemand auch nur einen Muckser macht. Nachdem wir unsere Meditation abgeschlossen haben, besuchen wir die nur ein paar Schritte weiter gelegene Menil Collection, eine weltweit bedeutende private Kunstsammlung. Besonders gefallen uns die Werke René Magrittes und die große Sammlung antiker afrikanischer Stammeskunst. Nächste Station ist das Freilichtmuseum im Sam Houston Park, wo man vor den Wolkenkratzern Houstons alte Häuser und eine Kirche wiederaufgebaut hat. Immer im Frühjahr findet in Houston die Art Car Parade (den Begriff sollte man unbedingt googeln, Bildersuche!) statt, bei der total schräge Autos durch die Stadt fahren. Einige wenige davon kann man im winzigen Art Car Museum bewundern. Wieder auf der I-10 geht es weiter westwärts. Heute ist es mit 39 Grad so heiß, dass wir viel Zeit für die Suche eines schattigen Nachtplatzes aufwenden. Wir übernachten in McQueeney, einem Ort 50 Kilometer vor San Antonio in einer Wohnsiedlung, wo wir am Straßenrand unter Bäumen stehen dürfen. Km 300/3.322/146.938.

Donnerstag, 9. Juni 22, Tag 16/670: San Antonio, Austin

In San Antonio sehen wir uns als erstes The Alamo an. Es ist ein eher unscheinbares Gebäude eines ehemaligen Forts, das im Krieg gegen die Mexikaner von den Texanern vergeblich zu halten versucht wurde. Die Räume sind leer und es gibt kaum etwas zu sehen, aber es pilgern massenhaft Amis hierher, hat wohl etwas mit Nationalstolz zu tun. Wir sehen uns noch die San Fernando Cathedral an und spazieren dann den River Walk am Ufer des San Antonio River entlang. Der schmale Fluss windet sich in engen Kurven durch die Stadt, beidseits ist Fußgängerzone mit unzähligen Lokalen, und das alles gut ein Stockwerk unter der übrigen Stadt. Wir machen eine kurzweilige Bootsfahrt, die vom Kapitän humorvoll kommentiert wird. Am Stadtrand hat man in einem aufgelassenen Steinbruch eine hübsche grüne Oase geschaffen, den Chinese Tea Garden. Auf dem Weg nach Austin halten wir in Wimberley, der "Stiefelhauptstadt" der USA. Hier kann man die typischen Texasstiefel kaufen und vor den Geschäften stehen mannshohe Stiefel in den buntesten Farben. In Austin, der Hauptstadt Texas', ist es so heiß, dass wir uns zur Abkühlung das klimatisierte Kapitol ansehen. Bei Sonnenuntergang machen wir eine Bootsfahrt auf dem eher an einen Fluss erinnernden Lady Bird Lake, sehen uns die hübsche Skyline vor dem See an und warten auf das Ausfliegen der Fledermäuse. In Spalten der Congress Avenue Bridge leben 1,5 Milionen Fledermäuse, die jeden Abend gleichzeitig zur Futtersuche ausfliegen. Was für ein Spektakel! Wir übernachten auf einer Wiese neben dem See. Da die Fledermäuse täglich über zehn Tonnen Insekten futtern, gibt es erwartungsgemäß so gut wie keine Stechmücken. Km 269/3.591/147.207.

Freitag, 10. Juni 22, Tag 17/671: Dallas

Zu Mittag sind wir in Dallas. Die goldglänzenden Hochhäuser, die man aus dem Fernsehen kennt, gibt es wirklich. Wir sehen uns ein Freilichtmuseum an, dessen Häuser man auch innen besichtigen kann, und die mit reichlich altem Inventar aufwarten, statten der kleinen Crow Collection of Asian Art und dem Dallas Museum of Art einen Besuch ab und sehen uns an der Pioneer Plaza den mit 40 überlebensgroßen Langhornrinderstatuen aus Bronze dargestellten Viehtrieb an. Mit guten Nachtplätzen sieht es schwierig aus, wir übernachten auf einem Parkplatz, wo sich leider nach Einbruch der Dunkelheit junge Leute einen Wettstreit an lauter Musik aus dem Autoradio liefern. Km 366/3.957/147.573.

Samstag, 11. Juni 22, Tag 18/672: Fort Worth

Fort Worth ist die mit Dallas zusammengewachsene Nachbarstadt. Auch hier gibt es Rinder zu sehen, aber nicht aus Bronze, sondern echt: Zwei Mal täglich wird eine Herde Langhornrinder die Straße vor der Live Stock Exchange, der Rinderbörse, entlanggetrieben. Die Tiere mit ihren enorm langen und im Bogen abstehenden Hörnern sind echt imposant. Ein kleines Museum wartet mit Kuriositäten auf, wie dem Unglück bringenden Brautkleid oder einer Glühbirne, die schon seit über hundert Jahren brennt. Auf dem Rückweg zum Auto geraten wir unversehens in eine Schießerei, in der der Sheriff zwei gesetzlose Banditen abknallt. Wir sehen uns noch das Fort Worth Museum of Arts an, das unter anderem mit Werken von Picasso, Miro, Monet und Manet glänzt und außerdem das erste Gemälde von Michelangelo zeigt. Nun geht es weiter westwärts, bis El Paso an der mexikanischen Grenze sind es über tausend Kilometer. Je nach Temperatur wollen wir uns eventuell den südöstlich von Paso liegenden Big Bend Nationalpark ansehen. Heute Nachmittag messen wir 43 Grad und es ist im Freien kaum auszuhalten, denn kaum wo gibt es Schatten. Als wir im Lake Colorado City State Park campieren, hat es eine Stunde vor Sonnenuntergang noch immer 40 Grad, aber jetzt, wo die direkte Sonneneinstrahlung weg ist, finden wir es angenehm. Wenn man übrigens kein warmes Bier mag und es auch nicht auf einmal austrinken will, muss man es nach jedem Schluck zurück in den Kühlschrank stellen, weil es so schnell warm wird. Km 470/4.427/148.043.

Sonntag, 12. Juni 22, Tag 19/673: Alpine

Hunderte, wenn nicht tausende von Ölpumpen arbeiten beidseits des Highways. Später weicht das öde und flache Buschland öder und flacher Prärie. Alles Land ist eingezäunt. Zwar erreicht das Thermometer heute Mittag nur mehr 36 Grad, wir beschließen aber dennoch, nicht den für seine spezielle Hitze bekannten Big Bend Nationalpark am Rio Grande zu besuchen, sondern via Alpine und die Davis Mountains nach El Paso zu fahren. Dem Städtchen Alpine mache ich meine Aufwartung mit einer Bergtour. Zwar darf man sich bei 39 Grad natürlich nicht allzuviel vornehmen, aber der Hancock Hill mit etwa 200 Höhenmetern geht problemlos. Der Berg ist bekannt, weil ein Schreibtisch auf seinem Gipfel steht. Alle Städte und Orte, die wir durchfahren sind praktisch menschenleer. Man sieht nur Autos. Jeder fährt von einem klimatisierten Gebäude in einem klimatisierten Auto zu einem anderen klimatisierten Gebäude. Die unzähligen Campingplätze und RV-Parks (RV heißen hier die Wohnmobile) haben keinen Schatten. Das ist auch nicht notwendig, weil die riesigen Wohnmobile und -anhänger an die Steckdose gehängt werden und klimatisiert sind. Und keiner geht raus. Da die Klimaanlage des Zerberus ja nur während der Fahrt arbeitet (bei dieser Hitze nicht einmal das recht zuverlässig), sollten unsere Nachtplätze idealerweise schattig sein. In Mafra werden wir von der Polizei angehalten und abgemahnt, weil der vermeintlich rechte Fahrstreifen, auf dem ich fahre, zum Parken gedacht ist und nicht zum drauf fahren. Über die Texas Mountain Road wollen wir zu den Observatorien am Mount Locke. Doch auf gut 1.600 Metern Seehöhe will der Zerberus nicht mehr. Bei der Bergauffahrt mit wenig Fahrtwind bei 36 Grad überhitzt der Motor. Wir lassen ihn abkühlen und fahren ein paar Kilometer bis zu einem Rastplatz zurück. Nachdem ich ein paar Äste eines Nadelgehölzes abgehackt habe (Hacke und Säge sind natürlich auf einer Weltreise mit an Bord), können wir im Schatten parken. Zum Abendessen gibt es Bratwürste (scharf und mit Reis drin) mit Sauerkraut aus der Dose. Km 517/4.944/148.560.

Montag, 13. Juni 22, Tag 20/674: Fort Davis

Leider ist das McDonald Observatory, das größte Teleskop der Welt, zur Zeit für Besucher geschlossen. Das hätten wir uns gerne angesehen, aber auch aus der Ferne (man kommt nicht einmal in die Nähe) ist der riesige Teleskopturm auf dem Mount Locke beeindruckend. In Fort Davis sehen wir uns das teilweise restaurierte Fort von 1850 an. Mehrere Gebäude sind möbliert und man erhält einen guten Eindruck vom damaligen Leben hier. In Balmorhea befindet sich der mit 4.000 m2 größte quellengespeiste Pool der USA. Das Wasser weist ganzjährig eine Temperatur von 24 Grad auf und ein Bad hier ist echt eine tolle Abkühlung. Es gibt massenhaft kleine Fische, die an einem knabbern und auch Schildkröten sollen hier leben. Im Schatten von Bäumen essen wir zu Mittag, lesen und kühlen uns immer wieder im Pool ab, bis ein Wind aufkommt, der so heiß ist, dass es auf der Haut brennt. Wieder hat es 43 Grad! Es ist Zeit für die Weiterfahrt, wir steuern die Huecla Tanks, eine etwa 50 Kilometer vor El Paso gelegene Oase in der wüstenartigen Landschaft, an. Leider ist der Campingplatz in der Oase voll (und bis Ende Juli ausreserviert), also übernachten wir direkt vor dem Gate des Parks. Die zweieinhalb Stunden vor Sonnenuntergang sind noch eine heiße Sache, denn der einzige Schatten, in den wir uns verkriechen können, ist der des Zerberus. Etwa 100 Kilometer vor El Paso haben wir die Zeitzonengrenze überfahren, wir haben jetzt US-Mountain Time und sind nun acht Stunden hinter Mitteleuropa. Km 404/5.348/148.964.

Dienstag, 14. Juni 22, Tag 21/675: El Paso     MESZ -8 Stunden

Wir sehen uns den Huecla Tanks State Park an. Hier haben sich in den Felsen Mulden gebildet, in denen das Regenwasser stehenbleibt und mit der Zeit Gras, Palmen und Kakteen gewachsen sind. Manche der Felsenberge lassen sich erklettern, stellenweise sind Ketten gespannt. Zu allen Zeiten haben sich an Felsvorsprüngen Menschen mit Malereien und Gravuren verewigt. Manche Felsbilder sollen mehrere tausend Jahre alt sein, andere sind sehr viel jünger, MF Wayland etwa war 1884 hier. Auf dem Foto beachte man das weiße sich aufbäumende Pferd. El Paso, die westlichste Stadt Texas', am Rio Grande und somit direkt an der Grenze zu Mexiko gelegen, ist riesig. Von der Rim-Road, einer Aussichtsstraße an den Hängen des Mount Wyler, sieht man die enorme Ausdehnung. Die Stadt ist trotz der Grenze mit ihrer mexikanischen Nachbarstadt Ciudad Juarez (übrigens die Stadt mit der höchsten Mordrate Mexikos, 2.000 Morde jährlich!) zusammengewachsen. Die Ausfahrt aus El Paso führt über einen Bergrücken und prompt überhitzt der Motor wieder. Während wir warten, bis er abkühlt, schaue ich mal unter die Motorhaube, ob eh der Kühlerventilator läuft, und ich traue meinen Augen nicht. Wenn ich das nicht mit eigenen Augen sehen würde, diese Geschichte würde ich niemals glauben: Es ist jetzt nicht so, dass der Ventilator nicht läuft, sondern er ist einfach nicht da. Er fehlt. Ich kann mir weder vorstellen, dass der so kaputt gegangen ist, dass gar nichts mehr von ihm da ist, noch, dass er in einer Werkstätte aus- und nicht wieder eingebaut wurde. Jedenfalls sollten wir so ein Teil rasch besorgen, denn auch auf den nächsten Bergauffahrten benötigen wir Abkühlpausen. Es hat zwar nicht mehr über 40 Grad, aber 38 allemal.

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