Colorado und Utah MESZ -8 Stunden
Sonntag, 19. Juni 22, Tag 26/681: Great Sand Dunes Nationalpark, 2.200 m
Schon von weitem sind die mit 230 Metern höchsten Sanddünen Nordamerikas zu erkennen. In der großen Sandebene vor den Dünen versickert ein Fluss, der das kolossale Gebirge dahinter entwässert. Auf einer nur für Geländefahrzeuge passierbaren und wenig befahrenen Piste über den Medano Pass (3.043 m) lässt sich dieser Gebirgszug überqueren und man gelangt auf die Straße 69, die für unsere Weiterfahrt recht günstig wäre. Von der Passhöhe könnte man zum Mediano Lake auf 3.500 m wandern und dann noch den Mount Herard mit seinen 4.053 erklimmen, und das ganz ohne Gletscher und Schnee. Wir haben uns schon über den Pistenzustand schlau gemacht, den Wetterbericht studiert und Druck aus den Reifen gelassen, da gleich zu Beginn einige sehr sandige Passagen zu bewältigen sind, als sich urplötzlich die sich am Gebirge stauenden dunklen Wolken senken, ein starker Wind aufkommt und es zu regnen beginnt. In einem Unwetter eine unbekannte und technisch schwierige einsame Strecke zu befahren scheint uns nicht sehr vernünftig. Wir beschließen, mit etwas Umweg auf Asphalt unsere Route Richtung Norden fortzusetzen. Der Sturm ereilt uns auch hier. Auf der I-25 beutelt uns der Seitenwind so heftig, dass wir die Geschwindigkeit drastisch reduzieren müssen, um die Spur einigermaßen halten zu können. Kurz vor fünf halten wir, denn um Punkt 17 Uhr werden die Tickets für den Rocky Mountain Nationalpark für morgen freigeschaltet. Der ist so überlaufen, dass man nur mit Voranmeldung reinkommt. Wir dürfen morgen zwischen zwölf und zwei einfahren. Wir übernachten in Colorado Springs, gut hundert Kilometer vor Denver, auf einem Parkplatz zwischen einem Truckstop und einem Motel. Km 486/7.388/151.004.
Montag, 20. Juni 22, Tag 27/682: Rocky Mountains Nationalpark, 2.400-3.713 m
Obwohl wir uns schon fünf Tage auf über 2.000 Meter Seehöhe aufhalten, kriegen wir noch immer schwer Luft. Susi schnauft nach ein paar Schritten schon wie ein Dampfross, ich hatte schon die dritte Nacht in Folge Schlafapnoe wie damals in Tibet. Und der Zerberus? Dazu komme ich später. Wir durchfahren Denver und sind um kurz nach zwölf am Eingang des Rocky Mountain Nationalparks in Estes Park (so heißt der von Touristen überlaufene Ort am östlichen Parkeingang). Wir machen eine kleine Wanderung um den Bear Lake und durchfahren dann den Nationalpark nach Westen. Die Straße führt anfangs noch durch Kiefernwälder, steigt stetig an, und erreicht die Tundra. Problemlos bringt uns der Zerberus schließlich zur höchsten Stelle der Straße auf 3.713 Meter Höhe. Wir halten an Aussichtspunkten und genießen die spektakuläre Landschaft mit schneebedeckten Drei- und Viertausendern ringsum. Es hat acht Grad und der Wind bläst mit Orkanstärke. Dann geht es in Serpentinen hinunter zum westlichen Gate des Parks. Als es dann wieder eben wird, müssen wir leider einen Leistungsverlust des Zerberus feststellen. Zuerst denke ich, der Turbo funktioniert nicht, doch das tut er, der Wagen hat einfach nur keine Kraft. Obwohl wir ihn erst vor 19.000 Kilometern erneuert haben, vermute ich, dass der Dieselpartikelfilter durch die heutige Fahrt in großer Höhe verstopft ist. Wir übernachten in Grand Lake auf einem Parkplatz. Km 351/7.739/151.355.
Dienstag, 21. Juni 22, Tag 28/683: Glenwood Canyon
Es ist ziemlich kalt, wir haben Eis auf den Scheiben. In Grand Lake gibt es keine Autowerkstatt. Unser Plan ist, vielleicht eine in Granby zu finden oder ansonsten zurück nach Denver zu fahren. Schon nach ein paar hundert Metern fällt nun doch der Turbo aus und die Motorkontrollleuchte geht an. Ich fahre den Zerberus nun sehr hochtourig, weil das vielleicht den Partikelfilter reinigen kann. In Granby gibt es zwei Werkstätten, in der einen sagt man uns, dass sie keine Dieselfahrzeuge reparieren. Als ich von hier wegfahre, funktioniert plötzlich der Turbo wieder, der Motor hat volle Kraft und das Kontrolllicht ist wieder aus. Da schmerzt es jetzt nicht so, dass die zweite Werkstätte, ein Ein-Mann-Betrieb, der um acht öffnen sollte, um kurz vor neun noch geschlossen ist. Wir fahren weiter. Es gibt zwei Möglichkeiten, auf die Autobahn I-70 zu gelangen: Erstens direkt nach Süden, diese Strecke führt über zwei zirka 3.400 Meter hohe Pässe. Oder zweitens über Kremmling, das ist um 90 Kilometer weiter, sollten wir zurück nach Denver müssen. Die Strecke führt aber nur über einen 3.200 Meter hohen Pass. Wir entscheiden uns für die zweite Möglichkeit und weiterhin fahre ich sehr hochtourig, um den Partikelfilter "auszuglühen". Das scheint Erfolg zu haben, denn der Zerberus klettert problemlos über den Pass. Als wir die Autobahn erreichen, ist ein Zurück nach Denver kein Thema mehr. Go west! Wir passieren den auf 3.200 Metern gelegenen Wintersportort Vale und später windet sich die Autobahn durch den engen Glenwood Canyon. Wo kaum Platz für den Colorado River ist, wurden noch die Eisenbahn und die Autobahn hineingequetscht. Es geht nun stetig bergab, das Gelände weitet sich. Die Berge treten zurück, es wird eben und wüstenartig. Wir passieren die Grenze zu Utah, die Gegend ist kaum mehr bewohnt, die Autobahnabfahrten haben oft keine Namen mehr, nur mehr Nummern. Entlang der Zufahrt zum Canyonland Nationalpark ist Campieren verboten, die Campingplätze im Park sind ohnehin seit Monaten ausgebucht, wir übernachten daher schon in 20 oder 30 Kilometern Entfernung im Gelände. Es hat 33 Grad. Eigentlich wäre heute der Tag für's Sonnwendfeuer, aber auf Grund der extrem hohen Trockenheit ist offenes Feuer verboten und wird mit hohen Strafen belegt. Km 613/8.352/151.968.
Mittwoch, 22. Juni 22, Tag 29/684: Canyonland Nationalpark
In die Ebene, auf der wir uns befinden, hat der mäandernde Colorado River tiefe Canyons eingeschnitten. Der Deadhorse Point liegt auf dem spitz zulaufenden Ende eines Ausläufers der Hochebene. Von hier hat man einen spektakulären Blick nach drei Seiten in die Tiefebene und die Canyons darin. Ein paar Meilen weiter befindet sich das Gate des Canyonland Nationalparks. Der Name sagt schon alles. Von unzähligen Aussichtspunkten hat man fantastische Ausblicke in die Canyons des Colorado Rivers und seiner Nebenflüsse. An einer Stelle sieht man beim Blick in die Tiefe, dass in den fast senkrechten Wänden des 400 Meter (!) tiefen Canyons eine Piste nach unten verläuft und in der Tiefebene am Horizont verschwindet. Wir machen uns schlau und erfahren, dass die Piste Shafer Trail Road heißt, nach 72 Kilometern Moab, eine kleine Stadt, erreicht und mit Allradfahrzeugen befahren werden darf. Also nichts wie runter! Die Piste ist sehr steinig und stellenweise sehr steil. Während wir uns langsam in die Tiefe arbeiten, fragen wir uns, wie ein Mensch auf die Idee kommen kann, in diese Steilwand eine Straße zu bauen. Ein paar Geländewagen kommen uns entgegen, es gibt Ausweichen. Nach einer halben Stunde sind wir unten, die Piste führt den Colorado River entlang und bleibt weiter steinig. Nach einer Stunde haben wir zwölf Kilomter geschafft, nach zwei Stunden und 28 Kilometern erreichen wir das Pottasche-Werk, das wir von oben in der Ferne gesehen haben. Kurz darauf ist die Straße asphaltiert und wir sind im Nu nahe an Moab, wo wir direkt am Colorado River übernachten. Km 186/8.538/152.154.
Donnerstag, 23. Juni 22, Tag 30/685: Arches Nationalpark
Im Arches Nationalpark gibt es tolle Felsformationen, Sandsteintürme und vor allem hunderte Felsbögen zu sehen. Manche dieser Bögen befinden sich gleich neben der Straße, zu anderen muss man ein kleines Stück gehen und wieder andere muss man sich durch eine längere Wanderung verdienen. Einer der schönsten Bögen ist der Delicate Arch, zu dem ich eine kleine Bergtour mache. Wir übernachten in Cahone, einem winzigen Straßendorf in Colorado, wo es für Durchreisende einen Gratisstellplatz im Park gibt. Km 237/8.775/152.391.
Freitag, 24. Juni 22, Tag 31/686: Mesa Verde Nationalpark
Heute machen wir einen Ausflug in die Südwestecke von Colorado, in den auf 2.400 Metern gelegenen Mesa Verde Nationalpark, wo es neben Überresten von Grubenhäusern (ab 500 n. Chr.) die faszinierenden, um 1200 erbauten Klippenwohnungen der Puebloindianer zu bestaunen gibt. Die zwei- bis dreistöckigen Häuser befinden sich in Felsnischen von steilen Canyonwänden, wo sie vor Regen, Schnee, Hochwasser und Feinden geschützt sind, dafür mussten die Bewohner allerdings über Leitern in ihre Häuser klettern. Auf der Fahrt in den Natural Bridges Nationalpark finden wir außerhalb von Blanding einen ruhigen Nachtplatz im Busch. Die Erde ist rotbraun und erinnert an Australien oder Afrika, aber weder Kängurus noch Zebras oder Giraffen streifen umher. Km 284/9.059/152.675.